1 Jahr Reisekosten-Reform: Alles gut?

Die ersten Erfahrungen mit dem neuen Reisekostenrecht liegen vor

Die ersten Erfahrungen mit dem neuen Reisekostenrecht liegen vor

Aus dem aktuellen kostenlosen Newsletter

“Wirtschaft-vertraulich”:

Liebe Leser,

als Arbeitgeber, Selbstständiger oder Arbeitnehmer liegen nun fast 12 Monate hinter Ihnen, in denen Sie mit dem neuen Reisekostenrecht Erfahrungen sammeln konnten. Ich hoffe, dass es Ihnen dabei so erging wie mir, denn meine Erfahrungen mit der zum Januar umgesetzten Reform sind unter dem Strich durchaus positiv.

Allerdings zeigte sich in der Praxis einiger Anpassungsbedarf bei liebgewonnenen Abläufen. Wenn Sie wie ich ein Steuerbüro an der Seite haben, das „auf Zack“ ist, dürfte das aber keine größeren Probleme gebracht haben. Doch zeigte die Praxis auch, dass das neue Abrechnungskonstrukt „erste Tätigkeitsstätte“ durchaus erklärungsbedürftig ist und in manchen Fällen auch nachteilig wirkt.

 

Unternehmer können nicht selbst über erste Tätigkeitsstätte bestimmen

Letzteres gilt besonders für Unternehmer selbst. Denn diese dürfen ihre erste Tätigkeitsstätte nicht selbstständig festlegen. Hier greift der Fiskus mit quantitativen Kriterien ein. Um eine erste Tätigkeitsstätte definieren zu können, müssen Sie als Unternehmer

  • entweder dort mindestens zwei volle Arbeitswochen/Monat arbeiten oder
  • mindestens ein Drittel der regelmäßigen Arbeitszeit dort verbringen

Immerhin können Sie in diesem Zusammenhang aus einer Not eine Tugend machen. Denn grundsätzlich erkennt der Fiskus das heimische Home-Office nicht als erste Betriebsstätte an. Das bedeutet aber auch, dass Sie für jede Arbeit außerhalb Fahrtkosten, Verpflegungs-Mehraufwendungen, Übernachtungen und Nebenkosten absetzen können. Besonders günstig bei den Fahrtkosten. Es gilt die Kilometerpauschale (tatsächlich gefahrene Kilometer) und nicht die Entfernungspauschale (einfache Strecke).

 

Ministerium klärt noch einmal Detailfragen

Diesen Ansatz hat das Bundesfinanzministerium auch noch einmal in einem neuen Rundschreiben untermauert, auch wenn es vor allem um Arbeitnehmer ging (Az. IV C 5 – S 2353/14/10002). Dabei geht es in erster Linie um die Definition der ersten Tätigkeitsstätte.

So hat das Ministerium nochmals klargestellt, dass ein Arbeitnehmer, der keine erste Tätigkeitsstätte hat, außerhalb seiner Wohnung immer auswärts tätig ist. Es gelten also stets die Dienstreisekostengrundsätze mit Verpflegungspauschalen und höheren Fahrtkosten.

In dem Schreiben wurden aber auch noch andere Detailfragen geklärt. Hier eine kurze Zusammenfassung:

  • Auf dem Erdboden verankerte Baucontainer auf einer Baustelle können durchaus erste Tätigkeitsstätte sein.
  • Diese liegt dagegen nicht vor, wenn Arbeitsräume in der Wohnung des Arbeitnehmers angemietet werden.
  • Die Zuordnung einer ersten Tätigkeitsstätte setzt voraus, dass der Arbeitnehmer dort persönlich erschienen ist.
  • Ein bloßer Briefkasten oder eine sonstige Anlaufstelle per Post oder Fax reicht nicht aus.

 

So werden Mahlzeiten abgerechnet

Neu ist, dass jetzt alle Mahlzeiten im Zusammenhang mit Bahnfahrten oder Flügen steuerpflichtig sind. Bei Arbeitnehmern sind für das Frühstück 4,80 Euro sowie für Mittag- und Abendessen je 9,60 Euro abzuziehen. Entgegen Berichten in der Presse sind im Flugzeug gereichte Knabbereien aber keine vollwertige Mahlzeit. Auch das haben die obersten Finanzbehörden auf Nachfrage klargestellt.

Damit wird klar: Das neue Reisekostenrecht hat vieles vereinfacht (Stichwort Pauschalen), bleibt aber sehr bürokratisch. Aber es hält auch Spielräume zur steuerlichen Gestaltung parat, insbesondere beim Fehlen einer ersten Tätigkeitsstätte. Das sollten Sie nutzen.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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