EZB will Trendwende bei Inflation und Firmenkrediten erzwingen

Können die neuen EZB-Maßnahmen die Trendwende bei der Inflation bringen?

Können die neuen EZB-Maßnahmen die Trendwende bei der Inflation bringen?

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Liebe Leser,

als Anleger dürften Sie in der vergangenen Woche genauso überrascht worden sein wie ich. Denn die Europäische Zentralbank sorgte für einen gehörigen Paukenschlag. Sie kündigte nicht nur eine weitere Zinssenkung an. Zusätzlich wurde auch ein neues Maßnahmenpaket bekannt gegeben, mit dem die Vergabe von Krediten an Unternehmen stimuliert werden soll.

Auf den ersten Blick schaut das nach Realitätssinn und Handlungsstärke aus. Schließlich will die EZB damit zwei Probleme angreifen, die schon längere Zeit im Markt heiß diskutiert werden. Zum einen die immer weiter absinkende Inflationsrate. Diese hatte zuletzt in der Euro-Zone nur noch 0,3% betragen. Das bringt das Deflationsgespenst immer stärker auf den Plan.

Zum anderen die immer noch sehr große Zurückhaltung der Banken, wenn es um die Kreditvergabe an Unternehmen geht. Immerhin eine der Grundvorrausetzungen für wirtschaftlichen Aufschwung.

 

Warum sind fallende Preise schlecht?

Wenn Sie sich fragen sollten, warum sinkende Preiszuwächse oder sogar rückläufige Preise schlecht sein sollen, möchte ich Ihnen das auch beantworten. Denn hierbei gibt es das große Risiko, dass Verbraucher und Unternehmen geneigt sein könnten, bei einer Abwärtsspirale bei den Preisen Konsum und Investitionen weiter zurückzustellen, weil auf noch tiefere Preise spekuliert wird.

Das war beispielsweise im Japan der 90er Jahre so und sorgte dort mit für das so genannte „verlorene Jahrzehnt“ mit wirtschaftlicher Rezession und Vermögensvernichtung nach dem Platzen von Bewertungsblasen, insbesondere auf dem Immobilienmarkt.

Unternehmen könnten in einer Deflation nichts mehr verdienen, es müsste rationalisiert werden. Das kann eine deutliche Steigerung der Arbeitslosigkeit bedeuten – was wir ja auch schon in der Euro-Peripherie erlebt haben. Daraus würden dann zusätzliche Belastungen für die Staatshaushalte entstehen.

 

Erfolg der neuen EZB-Maßnahmen ist sehr unsicher

Das will die EZB um jeden Preis verhindern. Doch das neuste Maßnahmenpaket zeigt im Grunde nur auf, dass die Zentralbank langsam mit ihrem Latein am Ende ist oder zumindest ihre bisherigen Möglichkeiten ausgereizt hat. Die nun beschlossene Zinssenkung um 0,1 Prozentpunkte auf 0,05% ist nur noch eine kosmetische Maßnahme. Einfluss auf die Kreditkonditionen für Unternehmen kann so etwas nicht mehr haben.

Anders sicher die angekündigten Kaufprogramme für so genannte ABS-Papiere (Asset Backed Securities – forderungsbesicherte Wertpapiere) und Covered Bonds (gedeckte Schuldverschreibungen wie z. B. Pfandbriefe). Hier geht die EZB quasi an die Quelle und sorgt dafür, dass den Banken Kreditrisiken zu einem gewissen Teil abgenommen werden.

Das Problem dabei: Vor allem der ABS-Markt ist in Europa nicht ausreichend groß, um hier womöglich signifikante Anstöße geben zu können. So besteht die Gefahr, dass die neuen Maßnahmen zwar die Bilanz der EZB weiter aufblähen und riskanter machen, die Wirkung aber begrenzt bleibt.

 

Wird die EZB bald Staatsanleihen kaufen?

Was dann wieder die Diskussion befeuert, ob die EZB am Ende nicht daran vorbeikommt, Staatsanleihen direkt zu kaufen, um für einen zusätzlichen Liquiditätsschub zu sorgen und damit die Inflation wieder zu befeuern. Ein Vorgang, der weit über das ursprüngliche Mandat der EZB hinausgeht und für politischen Wirbel sorgen dürfte. Doch die Befürworter einer zurückhaltenderen Geldpolitik sind längst in der Minderheit.

Unter dem Strich: An der Börse werden die neuen Maßnahmen gefeiert. Denn sie bedeuten erst einmal weiterhin billiges Geld, das die Börse weiter beflügeln kann. Doch es ist schon jetzt absehbar, dass hier die Gefahr wächst, eine Spekulationsblase zu schaffen, die irgendwann auch wieder platzt.

Deshalb mein Rat: Wenn Sie zyklisch investieren wollen, also im steigenden Markt mitgehen, tun Sie dies mit Augenmaß und schauen Sie bei Anlagen, ob die Bewertungen nicht schon zu stark überzogen sind. Vergessen Sie gleichzeitig in keinem Fall die immer wieder angesprochene Absicherung, am besten per Stopp-Loss.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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