Haftet ein Notar, wenn Verträge im Nachhinein unwirksam werden?

Wann Notare haftbar gemacht werden können

Wann Notare haftbar gemacht werden können

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Liebe Leser,

erst letzte Woche hatte ich Ihnen die Rechtslage vorgestellt, wann beauftragte Steuerberater für eventuelle Beratungsfehler haften müssen. Nachlesen können Sie dies nochmals im Artikel „Wann Steuerberater für Nicht-Beratung haften müssen“.

Heute geht es um die Frage, wie es denn um die Haftung von Notaren auf Schadenersatz aussieht, wenn beurkundete Verträge im Nachhinein wegen einer Änderung der Gesetzeslage unwirksam werden. Dazu hat der Bundesgerichtshof in einem neuen Urteil entsprechend Stellung bezogen. Der Fall:

 

Verträge können durch eine veränderte Rechtslage unwirksam werden

Ein Ehepaar hatte im Jahr 2000 für den Scheidungsfall den Versorgungsausgleich ausgeschlossen und dies beurkunden lassen. 2009 wurde die Ehe geschieden. Dabei stellte das Familiengericht eine klare Benachteiligung der Ehefrau fest. Deshalb wurde die notarielle Vereinbarung des Verzichts auf den Versorgungsausgleich für unwirksam erklärt.

Um die volle Rentenanwartschaft zu erhalten, zahlte der Mann daraufhin rund 58.000 Euro an sein Versorgungswerk. Den seiner Zeit beauftragten Notar verklagte er auf entsprechenden Schadenersatz. Doch der Bundesgerichtshof lehnte die Klage ab (Az. III ZR 375/12).

Die Erklärung des Gerichts ist dabei durchaus nachvollziehbar. Denn es entlastet die Notare von der Verpflichtung, alle denkbaren Entwicklungen in den Blick zu nehmen und zu bewerten. Auf den konkreten Fall bezogen war zum Zeitpunkt der Beurkundung nicht absehbar, dass sich die höchstrichterliche Rechtsprechung zu diesem Themengebiet ändern würde.

 

Diese Pflichten gehören zur Notararbeit

Zu was der Notar verpflichtet ist, steht im Wesentlichen im Beurkundungsgesetz, insbesondere im dortigen § 17. Zusammengefasst können seine Pflichten so beschrieben werden:

  • Er soll den Willen der Beteiligten erforschen.
  • Er soll den verhandelten Sachverhalt klären.
  • Er soll die Beteiligten über die Tragweite des Geschäftes aufklären.
  • Er soll Erklärungen der Beteiligten eindeutig und klar niederschreiben.

Um vor allem gegen die Auf- und Belehrungspflicht zu verstoßen, müssten laut dem Bundesgerichtshof bestimmte Voraussetzungen gegeben sein. Diese kann man in 3 Punkten zusammenfassen:

  • Es muss im Einzelfall zum Zeitpunkt der Beurkundung um eine Regelung auf bestimmter Grundlage gehen.
  • Nach der Lebenserfahrung muss es möglich erscheinen, dass diese Grundlage künftig entfallen könnte.
  • Eine Belehrung kann auch erforderlich sein, wenn sich eine Änderung der Rechtslage sicher abzeichnet und wenn diese Änderung zum Wegfall der vertraglichen Grundlage führen kann.

 

Reden Sie mit dem Notar über mögliche zukünftige Vertragsrisiken

Das bedeutet im Klartext für Sie: Nur, wenn sich der Notar ganz grobe Schnitzer bzw. Fehler erlaubt, dürften Sie vor Gericht Schadenersatzklagen durchsetzen können. In Ihrem eigenen Interesse sollten Sie deshalb bei entsprechenden Vertrags-Beurkundungen den Notar auch selbst darauf ansprechen, wie er mögliche Gesetzesentwicklungen einschätzt, die sich auf Ihren speziellen Vertrag auswirken könnten.

Das mag im Einzelfall nicht sonderlich ergiebig sein, könnte aber zumindest Informationen und Einschätzungen zutage fördern, mit denen die aktuelle Vertragsgestaltung noch sicherer werden kann.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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