Beratungsprotokolle der Banken: Nicht das Papier wert

Beratungsprotokolle: Falsche Ausrichtung

Für informierte Anleger dürfte es keine Überraschung gewesen sein. Jüngst packte in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein ehemaliger Kundenberater aus.

Er nahm dabei vor allem die neuen vorgeschriebenen Beratungsprotokolle aufs Korn.

Diese sind seit 2010 Pflicht, wenn Bankberater ihre Kunden über Finanzinstrumente und Dienstleistungen informieren und beraten.

 

Machen Sie den Protokollierungs-Wahnsinn nicht mit

Dr. Erhard Liemen, Chefredakteur von „Der Deutsche Wirtschaftsbrief“ hat schon mehrfach davon abgeraten, solche Beratungsprotokolle zu unterschreiben. Wie die nun getätigten Aussagen des Bankberaters zeigen, mit gutem Grund.

Denn die Beratungsprotokolle hätten nicht Sie als Kunden im Blick, sondern einzig die Absicherung der Bank. Letztlich handelte es sich hier sprichwörtlich um einen „Protokollierungswahnsinn“.

Es geht nicht mehr um eine echte Beratung des Kunden. Vielmehr wird mit den Beratungsprotokollen nur auf das Ziel hingearbeitet, die Gespräche gesetzeskonform zu gestalten und zu dokumentieren.

Dabei werden ausschließlich Depot- und Anlagevorschläge gewählt, die für Banken nicht zu Komplikationen führen können. Die in den Beratungsprotokollen dokumentierte Aufklärung der Kunden über Risiken diene ausschließlich dazu, diese auf die Kunden abzuwälzen.

 

Unverständlichkeit als Methode

Dabei könnten die meisten Bankkunden mit den Beratungsprotokollen selbst kaum etwas anfangen, geschweige denn verstehen. Denn Sie erhalten im Gegenzug für eine faktische Nicht-Beratung seitenweise mehr oder weniger unverständliche Beratungsprotokolle ausgehändigt. Dabei gilt auf der Produktseite:

Was sich langfristig für die Bank nicht rechne, werde erst gar nicht angeboten.

Damit erreichen die Beratungsprotokolle genau das Gegenteil von dem, was sie ursprünglich sollten. Denn es geht nicht um eine möglichst umfangreiche Aufklärung des Kunden.

 

Beratungsprotokolle: Nicht das Papier wert

Vielmehr sorgen die Beratungsprotokolle dafür, dass sowohl Bankberater als auch Bankkunden gleichermaßen entmündigt werden. Denn nicht nur die schematische Abarbeitung einer Beratung ist kontraproduktiv, sondern eben auch die erheblich eingeschränkte Auswahl an Anlageinstrumenten.

Deshalb dürfte es auch für die meisten Anleger wenig sinnvoll sein, solche Beratungen und damit Beratungsprotokolle über sich ergehen zu lassen.

Wer sich stattdessen selbst informiert und über Direktbanken ordert, wahrt seine eigenen Interessen besser. Zudem zahlt er deutlich niedrigere Gebühren, was weitere Einsparungen mit sich bringt.

 

Wenn schon ein Beratungsprotokoll – Das muss drinstehen

Sollten Sie dennoch einmal in den „Genuss“ eines Beratungsprotokolls kommen, hier eine Leitlinie, welche Informationen dieses Beratungsprotokoll für Sie bereit halten muss.

  • Anlass der Anlageberatung
  • Dauer des Beratungsgespräches
  • die für die Beratung maßgeblichen Informationen über die persönliche Situation des Kunden
  • Informationen über die Finanzinstrumente und Dienstleistungen, die Gegenstand der Beratung sind
  • die wesentlichen Anliegen des Kunden und deren Gewichtung
  • die im Gespräch erteilten Empfehlungen und die wesentlichen Gründe für diese Empfehlungen

Geregelt ist dies im § 14 Absatz 6 der Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung (WpDVerOV). Sie sehen schon daran, welche schematische Herangehensweise an einen der wichtigsten Zeitpunkte in der Geldanlage hier gefordert ist.

Unter dem Strich bleibt erneut das traurige Fazit: Aus einem vernünftigen Ansatz – einem besseren Verbraucherschutz – wurde ein bürokratisches Monster geschaffen, das seinen Zweck meilenweit verfehlt.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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