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Gigantischer Kursverlust von mehr als 60 % – was passiert mit dieser Aktie?

Die Aktie von Bechtle wurde gestern praktisch Opfer eines gigantischen Kursverlustes in Höhe von mehr als 60 %. Die Aktie ist zwar nicht Teil meiner Depots oder Empfehlungslisten. Dennoch ist der Titel auch für Sie bedeutend. Denn hier zeigt sich, wie die Börsenberichterstattung teils funktioniert – überhaupt nicht. Wenn Sie Bechtle im Depot haben oder ähnliche Erlebnisse hatten, prüfen Sie einfach selbst nach…

Portal meldet: Bechtle-Aktie (…) in Rot und verlor 66,3 Prozent“


Die Meldung, die mich als erste erreichte, begann mit den Worten: „Der Bechtle-Aktie ging im XETRA-Handel die Puste aus. Zuletzt verlor da Papier 66,3 Prozent auf 58,78 EUR.“ Eine Meldung, die so manchen von Ihnen wie ein Donnerschlag getroffen haben dürfte. Sie ist komplett falsch. Das hat zwei einfache Gründe.

Die Aktie hat einen Split hinter sich. Wer eine Aktie hielt, konnte nun drei neue Aktien in seinem Depot verbuchen, die entsprechend weniger wert waren. Ein solcher Splitt soll eine Aktie u.a. einfacher handelbar machen. Dies wiederum ist damit kein Kursverlust, sondern lediglich sozusagen eine andere Gewichtseinheit. Die Meldung ist damit schlicht falsch und irreführend.

Wie kommt so etwas zustande? Der Text verrät aus meiner Sicht, dass hier ein Computer-Algorithmus getextet hat. Der prüft nur nach, ob es eine Abwärtsbewegung gegeben hat oder eine Aufwärtsbewegung und setzt Textbausteine dazu. Die Zahlen werden in einem solchen Baustein eingesetzt und dahingehend bewertet, dass größere Bewegungen eine deutlichere Beurteilung erhalten. Wenn die Aktie tatsächlich gut 66 % verloren hätte, dann wäre ihn nicht „die Puste aus“gegangen, sondern dann würde sie einen Crash erleiden. Sie lesen also bei solchen Meldungen schlicht eine Computer-Deutung, die noch dazu hier falsch ist.

Vorsicht vor solchen Meldungen


Wenn solche Textbausteine um die Welt gehen, in die ein Splitt nicht eingebaut ist, entstehen Irrtümer, die Sie auf jeden Fall vermeiden sollten. Nicht immer liegt der Fall so klar wie hier. Dort wird etwa als durchschnittliches Kursziel für Bechtle noch die Zahl 185,29 Euro angegeben. Auch das ist falsch.

•             Wenn Sie kostenfreie Meldungen von Portalen erhalten, für die kein Autor erkennbar ist, müssen Sie leider zumindest damit rechnen, dass die Meldung sehr mechanisch zustande gekommen ist.

•             Sollte eine solche Meldung enorme Fragezeichen bei Ihnen auslösen – wie hier bei Bechtle -, reagieren Sie auf keinen Fall panisch oder besonders gierig.

•             Seriöse Meldungen erhalten Sie von Analysten, die sich tagein, tagaus mit den Unternehmen beschäftigen. Wenn sich dramatische Änderungen ergeben, werden meine Kolleginnen und Kollegen oder meine Wenigkeit für die uns jeweils betreffenden Unternehmen die Vorgänge beurteilen und für Sie einordnen.

•             Meiner persönlichen Schätzung nach sind die meisten Meldungen in der Finanzwelt, die auf Portalen herumschwirren, ungeprüft und damit zumindest anfällig für Fehler wie diese hier. Es wird sich niemand bei Ihnen dafür entschuldigen, wenn Sie – hier – etwa Bechtle verkauft hätten.


Mit freundlichen Grüßen,

Ihr

Janne Jörg Kipp

Chefredakteur „Wirtschaft-Vertraulich“

PS: Stabile Unternehmen, mit denen Sie über lange Zeit ohne Schrecken immer neue Tops erreichen – nenne ich Ihnen gerne hier: Sie müssen einfach nur kostenfrei klicken.

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