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Vonovia: Einfach nur ein verrücktes Kursziel?
Als der Immobilienmarkt noch attraktiv genug auch für Aktien-Unternehmen war, galt Vonovia als Titel mit guten Aussichten. Nun habe ich eine Studie zur Kenntnis genommen, wonach das Unternehmen ein fast schon absurdes Kursziel habe. Die Aktie, die aktuell bei weniger als 18 Euro notiert, könnten Sie nach der Einschätzung von Goldman Sachs mit einem Kursziel von 38,20 Euro erwerben – ist das attraktiv für Sie?
Vonovia: Günstig, teuer oder riskant?
Die Begründung für eine positive Entwicklung des Unternehmens liest sich jedenfalls – bezogen auf die Auffassungen verschiedener Analysten – erstaunlich. Das Unternehmen habe eine „Wohnungswert“ von 90 Milliarden Euro, denen noch Schulden von netto 44 Milliarden Euro gegenüberstehen. Das macht unter dem Strich ein Nettovermögen von 46 Milliarden Euro.
Das Unternehmen selbst ist am Markt allerdings nur mit einer Kapitalisierung von etwa 15 Milliarden Euro bewertet. Die 560.000 Wohnungen von Vonovia werden also um einen Betrag von netto 31 Milliarden Euro unterschätzt. Das liest sich wie eine klassische Unterbewertung.
Dennoch gibt es auch Schwächen, die Sie berücksichtigen sollten. Das Unternehmen hat alleine für seine Verbindlichkeiten aus Dezember 2022 eine enorme Zinslast übernommen. Die damals emittierten Anleihen werden mit rund 4 % Zinsen honoriert. Das bedeutet dennoch bei weitem nicht, dass Vonovia damit wirtschaftlich betrachtet teuer wäre – der operative Bereich ist mit hohen Zinsen belastet, das ist der Makel.
Wie wertvoll sind die Immobilien tatsächlich?
Fraglich ist allerdings, wie wertvoll die Immobilien tatsächlich sind. Die Wohnungen sind offenbar gut vermietet, die Auslastung soll hoch sein. Dies betrifft dann auch den Wert der Immobilien, die sich hier in erster Linie an den Mieten und den zu erwartenden Zahlungen und Kosten pro Jahr orientieren. Auch von dieser Seite aus hätte ich kaum Bedenken.
Wer die bilanzielle Verfassung betrachtet, wird auch hier Kaufgründe finden. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) liegt auf Basis der derzeitigen Bewertung zwar im negativen Bereich (etwa -5,5), allerdings könnte die Dividendenrendite für das laufende Jahr einen Wert von gut 9 % erreichen. Das wiederum entschädigt für vieles.
Es bleiben aber wirtschaftliche Bedenken. Sowohl die sogenannte Wärmewende mit dem Gebäudeenergiegesetz kann Vonovia künftig belasten wie auch die geplanten Mietendeckel bei der Umlage der Kosten. Vonovia wird sich wie andere Vermieter auch mit 0,50 Euro je qm begnügen müssen. Die politischen Risiken steigen zudem, nachdem ein Gutachten vorliegt, wonach die Stadt Berlin – formal – sogar rechtlich eine Enteignung durchführen darf, so die aktuelle Untersuchungsanlage. Solche Diskussionen verbessern jedenfalls nicht die Stimmung rund um die Aktie von Vonovia. Ich persönlich bleibe daher trotz der neuen Kursziel-Schätzung zumindest vorsichtig.
Vonovia – neue Kursziele – WKN: A1ML7J – ISIN: DE000A1ML7J1

Quelle: https://fundamental.aktienscreener.com/DE000A1ML7J1/EI/vonovia-se/data
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr
Janne Jörg Kipp
Chefredakteur „Wirtschaft-Vertraulich“
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Redaktionsschluss: 10.07.2023, 15.30 Uhr
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