Auch als Unternehmer Anrecht auf Beratung

Als Unternehmen auch Anrecht auf Beratung

Wenn Sie schon länger als Geschäftsmann oder –frau tätig sind, dürfte das Ihnen nicht gänzlich unbekannt sein:

In etlichen Aspekten des Geschäftsverkehrs wird ihr Gegenüber auch auf diese Erfahrung bauen. Damit sollen Geschäftsvorfälle zeitlich möglichst effizient abgearbeitet werden.

Und Hand aufs Herz: Wer fühlt sich nicht auch ein wenig geschmeichelt, wenn seine Erfahrung anerkannt wird. Doch aufgepasst:

 

Ihr gesetzliches Recht auf Beratung

Auch mit viel Erfahrung gibt es im Geschäftsleben Situationen, da sollten Sie nicht leichtfertig auf Ihre Rechte verzichten. Exemplarisch dafür stehen Versicherungsangelegenheiten

Der Gesetzgeber hat die Beratungspflicht für Versicherungen vor Abschluss eines Versicherungsvertrages genau geregelt. In § 6 des Versicherungsvertragsgesetzes heißt es:

Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und (…) zu beraten.

Der Versicherungsnehmer kann zwar auf diese Beratung verzichten. Doch hat er dies schriftlich anzuzeigen.

Letztlich muss der Versicherer Schadenersatz leisten, wenn durch eine selbst verschuldete fehlende Beratungsleistung ein Schaden entsteht.

 

Ein Fall aus der Praxis

Der Inhaber eines Fotogeschäfts hatte eine Inhaltsversicherung zum Neuwert abgeschlossen. Die Versicherung umfasste die Betriebs- und Geschäftsausstattung. Außerdem wurde der Warenbestand gegen Einbruchdiebstahl versichert.

Nach Abschluss der Versicherung würde in der Folgezeit ein Beratungsgespräch mit einem Außendienstmitarbeiter der Versicherung geführt.

Dieses Gespräch hatte zur Folge, dass die ursprünglich vereinbarte Versicherungssumme von 480.000 € auf 390.000 € abgesenkt wurde.

Später geschah tatsächlich ein Einbruchdiebstahl. Dabei entstand erheblicher Schaden. So betrug der Neuwert der gestohlenen und versicherten Gegenstände rund 687.000 €.

 

Die Folge fehlender Beratung: Unterversicherung

Doch die Versicherung zahlte nur 80.000 €. Dies wurde mit einer Unterversicherung begründet.

Das Problem: Der während des genannten Beratungsgesprächs neu gefasste Vertrag hatte statt der Anschaffungswerte nur die deutlich niedrigeren Buchwerte der versicherten Gegenstände zur Berechnung zugrunde gelegt.

Der Geschäftsinhaber zog vor Gericht. Und bekam auch teilweise Recht.

 

Versicherer zu Beratung verpflichtet

Das Oberlandesgericht Karlsruhe sprach Schadenersatz zu (Az. 12 U 121/12). Die Begründung:

Die Absenkung der Versicherungssumme hätte den Versicherer zur neuerlichen Bedarfsermittlung und zu erneuter Beratung verpflichtet.

Dabei hätte dann auch auf die offensichtliche Unterversicherung sowie auf die entscheidenden Wiederbeschaffungswerte hingewiesen werden müssen.

Wenn statt der Neuwerte die Buchwerte genommen werden, ist die Versicherungssumme fehlerhaft festgesetzt.

Selbst wenn der Versicherte die Werte selber nennt, hätten sie nicht kommentarlos übernommen werden dürfen.

Der Versicherte bekam allerdings nur drei Viertel des Schadens ersetzt. Denn auch in der Verhandlung wurde nicht endgültig klar, wer die Herabsetzung auf die Buchwerte angerstoßen hatte.

 

Nutzen Sie trotz Erfahrung die Beratungsleistungen

Auch, wenn es sich hier um einen scheinbar speziellen Fall handelt, so weist er doch auf einen wichtigen Aspekt hin.

Auch als Unternehmer haben Sie unabhängig von Ihrem Erfahrungsstand das Anrecht auf die gesetzlich definierte Beratungsleistung.

Sie sollten in Ihrem eigenen Interesse nicht darauf verzichten. Das gilt auch, wenn Sie sich scheinbar mit der Materie auskennen.

Nur so sichern Sie sich alle Optionen, falls doch etwas schief gehen sollte.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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