Niedersachsen: Hauchdünner Sieg für Rot-Grün

Nach der Wahl ist vor der Wahl

Es war ein spannender Wahlabend. Solche Beschreibungen werden zwar üblicherweise immer bemüht, diesmal stimmte es aber sogar. Denn faktisch bis zum amtlichen Endergebnis war nicht klar, welches politische Lager die Nase vorn haben würde.

In ersten Hochrechnungen sah alles nach einem Sieg von SPD und Grünen aus, dann kippten die Zahlen zugunsten der Regierungskoalition aus CDU und FDP. Am Ende neigte sich die Statistik dann doch wieder zu Rot-Grün.

 

Interpretationen

Nun beginnt die Zeit der Interpretationen. Dass SPD und Grünen aus dem Wahlsieg in Hannover eine Wechselstimmung auch im Bund erkennen wollen, liegt dabei auf der Hand. Wir folgen dem nicht, weil eine Fast-Patt-Situation kein sehr überzeugendes Argument liefert. Was allerdings stimmt:

Mit der neuen Regierungskoalition in Niedersachsen wird das Regieren in Berlin ein großes Stück schwerer. Denn nun hat Rot-Grün die absolute Mehrheit im Bundesrat. Die Folge davon: Auch bei den sogenannten Einspruchsgesetzen kann der Bundesrat nun bremsen. Dies sind Gesetze, welche die Bundesländer nicht direkt betreffen und ohne sie beschlossen werden können.

Der Bundesrat kann aber den Vermittlungsausschuss anrufen. Gelingt keine Einigung , kann er dann einen Einspruch gegen das Gesetzesvorhaben einlegen. Dieser Einspruch kann dann im Bundestag mit der Kanzlermehrheit überstimmt werden. Damit wird schon offensichtlich: Wenn die Opposition im Bund den Bundesrat beherrscht, wird jedes Gesetzesvorhaben zur Kraftprobe.

 

FDP nun „allein zuhaus“?

Und Frau Merkel weiß: Selbst, wenn ihre Regierung nach der Bundestagswahl im September weitermachen kann, werden die aktuellen Machtverhältnisse noch mindestens bis 2014 andauern. In solchen Konstellationen ist Stillstand geradezu vorprogrammiert. Solche neuen Schwierigkeiten wird die CDU dazu bringen müssen, auch ihr Verhältnis zur FDP nochmals zu überdenken.

Der „natürliche“ Koalitionspartner der CDU konnte sich mit einem Stimmenanteil von 9,9% als der wahre Gewinner des Abends fühlen. Allerdings dürfte nach der Wahlparty bald der Kater folgen. Denn die Zahlen zur Wählerwanderung zeigen, dass dieses Ergebnis nur durch rund 100.000 „Leihstimmen“ aus dem CDU-Lager erreicht wurde. Und in der Union werden sich viele fragen, ob das sinnvoll war, wenn man dadurch selbst geschwächt und letztlich aus der Regierung gedrängt wird.

Es dürfte klar sein: Mit der nächsten Wahl-Umfrage, die sehr wahrscheinlich erneut nur um die 5% für die FDP zeigen wird, lebt die Personaldiskussion um Parteichef Rösler wieder auf. Und auf nochmalige Schützenhilfe aus dem Union-Lager sollte man dabei nicht hoffen. Denn jetzt wird es CDU/CSU darum gehen, eine so starke Position zu erreichen, um dann auf jeden Fall bei der nächsten Regierungsbildung ein Wort mitsprechen zu können.

Carsten Müller

Redaktion deutscher-wirtschaftsbrief.de

Bildnachweis: Gevestor

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