Amerika verhindert Staatsbankrott – doch nur auf Zeit

Amerika kauft sich Zeit

Aus dem aktuellen kostenlosen Newsletter

“Wirtschaft-vertraulich”:

Die Einigung in Amerika über die weitere Staatsfinanzierung ist für Sie als Anleger erst einmal eine gute Nachricht. Republikaner und Demokraten haben sich am Mittwochabend – faktisch fünf vor zwölf –auf ein vorläufiges Haushaltsgesetz geeinigt.

Damit können die vom so genannten „Shut down“ betroffenen Regierungsstellen ab heute wieder ihre Arbeit aufnehmen. Andererseits verabredeten die politischen Kontrahenten eine Aussetzung der Schuldenobergrenze, damit der Staat weitere Kredite aufnehmen kann, um seine Ausgaben zu finanzieren.

 

Eine Entscheidung mit Verfallsdatum

Doch halte ich es für unpassend, hier zu laut zu jubeln. Denn beide Vereinbarungen haben erneut ein Verfallsdatum. So gilt das Haushaltsgesetz nur bis zum 15. Januar 2014. Und auch die Aussetzung der Schuldenobergrenze ist zeitlich begrenzt. Sie läuft am 7. Februar kommenden Jahres aus.

Aktuell sind die USA dem drohenden Staatsbankrott – nichts anderes wäre ein Zahlungsausfall gewesen – entkommen. Doch die alten Probleme, die in diese Sackgasse führten, bleiben bestehen. Dabei geht es im Wesentlichen um 2 Aspekte:

 

1. Das politische Establishment hat seine Kompromissfähigkeit verloren

Vor 10 oder 20 Jahren standen sich Republikaner und Demokraten zwar auch als politische Gegner gegenüber. Doch in den meisten Fällen fanden sie zum Wohl des Landes immer wieder tragfähige Kompromisse. Diese Fähigkeit ist ihnen abhanden gekommen.

Mittlerweile wird jede kleine Entscheidung zum Showdown stilisiert. So etwas hinterlässt nur noch Gewinner oder Verlierer und das vertieft die Gräben jedes Mal ein weiteres Stück. Wobei es vor allem die Republikaner sind, die dafür verantwortlich gemacht werden sollten.

Die gemäßigten Republikaner lassen sich von den radikaleren Anhängern der Tea Party Bewegung vorantreiben. Diese sind auf Fundamentalopposition aus. Was ihnen leicht fällt, so lange am Ende andere den Karren aus dem Dreck ziehen. So kann ihnen auch im aktuellen Fall das Kalkül vorgehalten werden, den Staatsbankrott riskiert zu haben im Wissen, dass ihn andere verhindern würden.

 

2. Amerika hat ein großes Schuldenproblem

Nicht nur die politische Situation bleibt als Risiko, sondern auch die finanzielle Situation des Staatshaushaltes. Wäre er gesünder, hätten wir diese ganzen Probleme rund um die Schuldenobergrenze nicht. Seit 2000 hat sich die Staatsversschuldung in den USA fast verdreifacht.

Wobei das Tempo in den letzten Jahren – auch vor dem Hintergrund der Finanzkrise – deutlich angezogen hatte. Musste die Schuldenobergrenze in den acht Jahren der Bush-Regierung um 5 Bio. US-Dollar angehoben werden, stieg sie in den ersten vier Regierungsjahren von Barack Obama um fast 6 Bio. US-Dollar. Und nirgends ist ein Impuls in Sicht, dass dieser Trend irgendwann umzukehren ist.

Die aktuellen Entscheidungen helfen nicht weiter. Zwar wollen sich Republikaner und Demokraten in den nächsten drei Monaten zusammensetzen, um eine tragfähigere Lösung zu erarbeiten. Doch angesichts der politischen Konstellationen ist da große Skepsis angebracht.

 

Es ist Kauf-Zeit

Insgesamt gilt: Die Börse reagiert erst einmal positiv darauf, dass es zu einer Einigung gekommen ist. Das schafft Platz, im Zuge der laufenden Quartalsberichtssaison eine Herbst-Rallye bzw. Jahresend-Rallye anzustoßen.

So stehen die Signale am Markt derzeit auch auf Kaufen. Doch spätestens im Januar werden die Karten neu gemischt. Sie sollten Aktienpositionen deshalb auch weiterhin genau begleiten und gegen Rückschläge absichern.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

keine Kommentare...

Hinterlasse eine Antwort