Anlageberatung: Ein neues Urteil zur Schadenersatzpflicht

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Liebe Leser,

als Anleger, der vielleicht noch die Dienste eines Bankberaters in Anspruch nimmt, haben Sie es in den letzten Jahren merken können: Die Vorschriften zur Anlageberatung und zur Dokumentation solcher Beratungsgespräche haben sich deutlich verschärft und ausgeweitet.

Wir hatten diesen Prozess in den vergangenen Jahren auch hier im Newsletter „Wirtschaft-vertraulich“ begleitet. Und das durchaus kritisch, weil man den Eindruck bekommen konnte, dass vor allem in der Anfangsphase mehr bürokratischer Schriftkram und weniger die Beratung – und dann meist nur für hauseigene Produkte – im Mittelpunkt stand. Mittlerweile hat sich das etwas gebessert.

 

Anlagerisiken dürfen nicht verharmlost werden

Dennoch: Auch jetzt noch gibt es viele Ansatzpunkte, die bei den Beratungsleistungen der Bankangestellten zu kritisieren sind. Doch müssen Sie als Kunde sich das nicht gefallen lassen. Das gilt insbesondere dann, wenn Ihnen gegenüber Anlagerisiken verharmlost werden und damit Ihre eigene Unerfahrenheit in Investmentangelegenheiten ausgenutzt wird.

Passiert Ihnen so etwas, kann es zu Schadenersatzpflicht des Anlageberaters kommen. Das zeigt auch ein Urteil des Oberlandesgericht Frankfurt/M. aus diesem Jahr. Bei dem Fall ging es um Installateur, dem sein Anlageberater Anteile an einer GmbH & Co. KG empfohlen hatte. Abgesehen davon, dass unternehmerische Beteiligungen immer schwierig sind, wäre dies durchaus eine legitime Beratung, wenn der Kunde über genügend Geld verfügt. Indes:

 

Berater muss finanzielle Situation des Kunden berücksichtigen

Der Installateur hatte nur ein monatliches Einkommen von 1.400 Euro Nettolohn. Sein gesamtes Vermögen bestand aus einer Lebensversicherung, die er zum Anteilskauf sogar auflöste. Im Beratungsgespräch hatte der Anleger deutlich gemacht, auf keinen Fall Geld verlieren zu wollen.

Von seinem Berater wurde ihm daraufhin mitgeteilt, dass es hundertprozentig sichere Anlagen überhaupt nicht gebe. Das Risiko eines Totalverlustes stehe im Prospekt der Anlageform. Es könne gut oder auch schief gehen. Der Installateur unterzeichnete dem Berater daraufhin eine im Voraus ausgefüllte „Informationsbestätigung“. Diese besagte, dass er den Prospekt erhalten habe und über Chancen und Risiken aufgeklärt worden sei.

Sie erahnen es schon: Das Geschäft ging schief. Eine erste Schadenersatzklage des Anlegers wegen Beratungsfehlern wies das zuständige Landgericht jedoch zurück. Begründung: Der Anlageberater habe durch die Übersendung des Emissionsprospektes seine Aufklärungspflicht erfüllt.

 

Schadenersatz, wenn keine anlegergerechte Beratung erfolgt

Das Oberlandesgericht sah das aber anders und gab der Schadenersatzklage statt (Az. 13 U 55/14). Nach Ansicht der Richter muss eine anlegergerechte Beratung stets auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten sein. Im Urteilsfall war der Anleger eindeutig sicherheitsorientiert. Er hatte zudem keinerlei finanzielle Spielräume. Eine spekulative unternehmerische Beteiligung hätte man ihm nicht empfehlen dürfen.

Anzukreiden ist dem Berater auch, während des Gespräches das Totalverlustrisiko verharmlost zu haben. Und zwar dadurch, dass wahrheitswidrig suggeriert wurde, jede Anlageform sei mit Risiken behaftet. Der Anleger habe dadurch eine falsche Vorstellung von deren Ausmaß und Erheblichkeit gewonnen.

Fazit: Wenn Ihnen eine Anlage „aufgeschwatzt“ wird, die nicht Ihren finanziellen Möglichkeiten und ihrer Risikobereitschaft entspricht, dürften Sie in Fällen, dass es schief geht, weiterhin gute Chancen auf Schadenersatz haben.

Mit besten Grüßen

Ihr Redaktionsteam „Wirtschaft-Vertraulich“, aus der Redaktion des Deutschen Wirtschaftsbriefs

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