Berufliche Umzugskosten absetzen auch bei geringer Zeitersparnis?

© MH / Fotolia.com

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Liebe Leser,

wenn Sie schon einmal umgezogen sind, wissen Sie: Das kann richtig Geld kosten. Geld, das Sie in der Regel aus eigener Tasche bezahlen müssen, vor allem dann, wenn Sie aus privaten Gründen umgezogen sind. Sollte der Umzug aber aus beruflichen Gründen erfolgt sein, haben Sie die Möglichkeit, die angefallenen Ausgaben als Werbungskosten bei der Steuererklärung geltend zu machen.

Allerdings zeigten sich die Finanzämter und auch Finanzgerichte bislang bei der Anerkennung von beruflich bedingten Umzugskosten regelmäßig sehr geizig. So verlangen die Finanzgerichte eine Zeitersparnis von mindestens einer Stunde täglich, damit Umzugskosten steuerlich absetzbar werden. Da klingt die Forderung der Politik, dass sich Arbeitnehmer mobil zeigen müssen, wie blanker Hohn.

 

Fußweg kann Steuern sparen

Immerhin: Ein jüngst vor dem Finanzgericht Köln verhandelter Fall könnte hier für die Steuerzahler eine gewisse Kehrtwende in der Beurteilung bringen. Denn das Gericht ließ Umzugskosten steuerlich als berufsbedingt gelten, obwohl es nur eine geringe Zeitersparnis gab.

Der konkrete Fall: Geklagt hatte eine Lehrerin, die bislang mit der Straßenbahn zur Schule fuhr. Für Hin- und Rückfahrt fielen täglich insgesamt nur 40 Minuten an. Dennoch war die Frau umgezogen. Von der neuen Wohnung aus konnte sie ihre Arbeitsstätte in weniger als fünf Minuten zu Fuß erreichen.

Doch nicht nur wegen der Fußläufigkeit erkannte das Finanzgericht die Umzugskosten als Werbungskosten an, sondern auch aus weiteren Gründen (Az. 3 K 3502/13). Ohne Gleitzeit pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen, sei regelmäßig mit Zeitdruck und Stress verbunden. Könne diese Belastung durch einen Fußweg vermieden werden, sei das durchaus relevant.

 

Welche Gründe noch für eine berufliche Veranlassung eines Umzuges sprechen

Zu berücksichtigen sei zudem, dass die Klägerin nicht unerhebliches Gepäck im Rucksack mit sich führt. Erforderliche Bücher, Unterrichtsmaterialien und ihren Laptop konnte sie nicht in der Schule aufbewahren. Der Fußweg zur Arbeitsstelle sei jetzt aber sogar kürzer als der zur nächsten Haltestelle. Hinzu kam, dass die Lehrerin nun deutlich flexibler eingesetzt werden kann, was letztlich ein weiterer Pluspunkt für die berufliche Veranlassung des Umzuges ist.

Da das Finanzgericht unter dem Strich keine entscheidenden privaten Umzugsgründe sah, stellte es allein auf die berufliche Veranlassung ab. Deshalb musste das zuständige Finanzamt eine Nachberechnung der Werbungskosten vornehmen. Doch hat dieses Urteil weitreichendere Dimensionen. Denn für Arbeitnehmer, die in Großstädten tätig sind, eröffnen sich durch das Urteil neue Ansatzpunkte. Die Arbeitsstätte zu Fuß erreichen zu können, spricht offensichtlich für die berufliche Veranlassung eines Umzugs.

Mit besten Grüßen

Ihr Redaktionsteam „Wirtschaft-Vertraulich“, aus der Redaktion des Deutschen Wirtschaftsbriefs

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