Diskriminierung: Diese neuen Urteile sollten Arbeitgeber kennen
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“Wirtschaft-vertraulich”:
Liebe Leser,
wenn Sie Arbeitgeber sind, bleibt für Sie das Thema Diskriminierung im Berufsumfeld ein Thema mit vielen Fallstricken. Wir hatten Sie schon regelmäßig auf neue Gerichtsverfahren mit Bezug auf das AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) hingewiesen, um Risiken, aber auch Entwarnungen bei fraglichen arbeitsvertraglichen Entscheidungen aufzuzeigen. Aktuell gibt es wieder zwei Urteile, die Sie für Ihre betriebliche Praxis und im Umgang mit potenziellen und schon eingestellten Mitarbeitern kennen sollten.
Beim ersten Fall geht es um die Formulierung von Anforderungsprofilen, wenn Sie eine neue Stelle ausschreiben wollen. Denn dies kann durchaus ein Drahtseil-Akt werden. Ihr Risiko dabei: Wenn Sie das Anforderungsprofil überzogen darstellen, laufen Sie Gefahr, von einem abgelehnten Bewerber wegen Diskriminierung verklagt zu werden.
Führt ein „scharfes“ Anforderungsprofil zur Diskriminierung von Bewerbern?
Andererseits kann Ihnen niemand ein sehr scharfes Anforderungsprofil verwehren, wenn die Tätigkeit der zu besetzenden Stelle tatsächlich sehr anspruchsvoll ist. Was bei Anzeigen erlaubt ist, hängt also immer vom Einzelfall ab. Um hier eine gewisse Leitlinie aufzuzeigen, der Hinweis über ein Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg.
Eine Russin hatte eine Firma für den Vertrieb von Online-Spielen verklagt, weil diese sie wegen mangelnder Englischkenntnisse als Bewerberin abgelehnt hatte. Laut Annonce der Firma sollte der Bewerber „sehr gute Englisch- und Deutschkenntnisse“ haben. Die Frau sprach nach eigenem Bekunden „gut“ englisch und deutsch. Entsprechend klagte sie auf Diskriminierung wegen ihrer ethnischen Herkunft.
Hohe Anforderungen können sachlich gerechtfertigt sein
Das lehnten sowohl Arbeits- als auch Landesarbeitsgericht ab. Denn die Firma habe aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit durchaus das Recht, von Bewerbern besonders gute Sprachkenntnisse zu verlangen. Deshalb läge keine Diskriminierung vor, wenn die Firma einen Kandidaten mit „nur“ gutem Englisch ablehnt (Az. 5 Sa 79/14).
Fazit: Wenn Sie sachliche Gründe anführen können für ein strenges Anforderungsprofil, brauchen Sie sich bei der Nichterfüllung durch Kandidaten keine Sorgen wegen Diskriminierungsvorwürfen machen.
Bei Lohndiskriminierung gilt 2-Monats-Frist nicht
Beim zweiten Urteil geht es um die Frage, wie lange überhaupt ein möglicherweise diskriminierter Mitarbeiter auf Schadenersatz klagen kann. Laut dem AGG muss beim Vorwurf der Diskriminierung innerhalb von 2 Monaten Klage eingereicht werden. Doch laut Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz gilt das nicht bei einer geschlechtsbezogener Lohndiskriminierung (Az. 5 Sa 436/13).
Der zugehörige Fall: Die Klägerin arbeitete in der Schuhproduktion. Die dort beschäftigten Frauen hatten bei gleicher Tätigkeit niedrigere Stundenlöhne erhalten als die Männer. Das kam 2012 bei einer Betriebsveranstaltung zur Sprache. Die Frau erhob Klage wegen Diskriminierung.
Lohndiskriminierung kann auch Entschädigung begründen
Sie forderte rückwirkend für drei Jahre die Differenz von 9.200 Euro zum Lohn der Männer ein. Mit Erfolg. Darüber hinaus entschied das Gericht, dass sie Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von 6.000 Euro hat.
Begründung: Der Anspruch auf die Lohndifferenz ergebe sich aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Es handle sich um einen Erfüllungsanspruch auf die vorenthaltenen Leistungen, für die das AGG nicht gelte. Der Schadenersatzanspruch kann deshalb ohne zeitliche Begrenzung geltend gemacht werden.
Mit besten Grüßen
Ihr Redaktionsteam „Wirtschaft-Vertraulich“, aus der Redaktion des Deutschen Wirtschaftsbriefs
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