Erbschaftsteuer: Neue Urteile für Unternehmer
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“Wirtschaft-vertraulich”:
Liebe Leser,
rund um das Erbschaftsteuerrecht gibt es einige neue und wichtige rechtliche Entscheidungen, die Sie kennen sollten. So musste sich jüngst das Finanzgericht Münster mit der Frage befassen, ob eine Erbschaft mit einer Auflage als Nachlassverbindlichkeit anzusehen ist oder ist.
Der Fall: Die Klägerin war Alleinerbin. Im Testament des Erblassers war verfügt, dass das Erbe zugunsten der Beschäftigten einer Firma zu verwenden ist. Diese sollten finanziell unterstützt werden, wenn sie in Not geraten und öffentliche Mittel nicht ausreichend diese Not lindern. Für diese zweckbezogene Mittelverwendung des Erbes wurde dann eine Betriebsvereinbarung mit der Belegschaft der Firma geschlossen.
Zweckzuwendung als Nachlassverbindlichkeit?
Die Erbin versuchte danach, das Erbe wegen einer entstandenen Nachlassverbindlichkeit von der Erbschaftsteuer befreien zu lassen. Das versagte das zuständige Finanzamt und beurteilte das Erbe als Zweckzuwendung, die zu besteuern ist. Die Klage der Erbin wurde vom Finanzgericht zurückgewiesen (Az. 3 K 210/12 Erb).
Begründung: Eine zu besteuernde Zweckzuwendung liegt vor, wenn das Erbe zur Verwirklichung eines bestimmten Zwecks zu verwenden ist. Solch eine Zuwendung unterliegt der Erbschaftsteuer Klasse III, Steuerschuldner ist der damit belastete Erbe.
Eine Nicht-Besteuerung käme in Frage, wenn Mitarbeiter Ansprüche erworben hätten. Doch das wäre allein aufgrund der Betriebsvereinbarung nicht der Fall. Es war auch nicht ersichtlich, welche Mitarbeiter in den Genuss der Begünstigung kommen sollten. Da keine Bereicherung eines bestimmten Personenkreises stattfand, ist Erbschaftsteuer zu zahlen.
Verfassungsmäßigkeit des Erbschaftsteuerrechts auf dem Prüfstand
Grundsätzlich entscheidend für das Vererben von Betriebsvermögen wird wohl ein anderes Urteil werden. Denn vor dem Bundesverfassungsgericht steht derzeit gerade das gesamte Erbschaftsteuerrecht zur Verhandlung. Wobei es insbesondere um steuerliche Privilegien bei der Weitergabe von Betriebsvermögen geht.
Wenn auch Sie in den letzten Jahren Betriebsvermögen zu 85 % steuerfrei durch Schenkung weitergegeben haben, sind Sie in guter Gesellschaft. Nahezu 20.000 Familienunternehmen haben in den letzten Jahren von dieser Option Gebrauch gemacht.
Bereits weitergegebenes Betriebsvermögen genießt Vertrauensschutz
Nun ist aber zu erwarten, dass das Bundesverfassungsgericht dieses Privileg künftig einschränkt. Die gute Nachricht für Sie: Kippt das Verfassungsgericht die Erbschaftsteuer, sind Nachzahlungen unwahrscheinlich. Sollten die Richter einen Gleichheitsverstoß rügen, würde das bereits erfolgte Schenkungen wohl nicht berühren. Vorläufige Steuerbescheide müssten bestandskräftig werden. Selbst wenn einige Paragrafen für nichtig erklärt werden sollten, brauchen Sie sich nicht zu sorgen. Denn:
Wenn Sie im Vertrauen auf geltendes Recht Vermögen übertragen haben, sind Sie durch das Vertrauensschutzprinzip geschützt. Denn dieses verbietet nachträgliche Mehrbelastungen.
Somit können Sie der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts relativ ruhig entgegenblicken. Wenn Sie eine Übertragung von Betriebsvermögen erst noch planen, sollten Sie sich beraten lassen, was eine Streichung des Privilegs für Betriebsvermögen womöglich für Sie bedeuten könnte.
Mit besten Grüßen
Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“
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