Es gibt Katastrophen, die unsere Hilflosigkeit schonungslos offenbaren

Es gibt Katastrophen, die unsere Hilflosigkeit schonungslos offenbaren

Die jüngste Sorglosigkeit an den Finanzmärkten ist schlagartig verflogen. Japan, die drittgrößte Wirtschaftsmacht, befindet sich im Ausnahmezustand. Welche Auswirkungen das noch haben kann, ist nur schwer einzuschätzen. Für die Atomindustrie jedoch dürfte der 11. März 2011 eine Zäsur darstellen. Denn:

Mit der viel beschriebenen Renaissance könnte es nun vorbei sein. 

In Japan ist die unsichere Energieversorgung zum Risikofaktor für die heimische Industrie geworden. Die Gefahr von Produktionsausfällen würde noch steigen, wenn die Radioaktivität sogar die Hauptstadt erreicht. Stürzt Japan jetzt in eine Rezession, dürften die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft aber begrenzt bleiben.

Das schon vor der Katastrophe hoch verschuldete Land hatte nicht als Treiber der Konjunkturerholung gewirkt. 

Eine globale Rezession ist deshalb kaum zu befürchten – auch wenn die Unsicherheit zugenommen hat. Das Erdbeben in Japan fällt aber zusammen mit einer Reihe anderer Hiobsbotschaften. Am gefährlichsten:

Auch wenn der Ölpreis wieder gesunken ist, könnte ein erneuter Anstieg der größte Belastungsfaktor sein.

Wir in Deutschland dürften das noch relativ gut verkraften. Ganz anders könnte es in den USA aussehen.

Dort zeigt die Wirtschaft endlich Erholungszeichen. Jetzt sorgen die Benzinpreise für große Nervosität. Preisdruck an der Zapfsäule führt im Land der Pendler traditionell zu weniger Käufen. Es wird mehr gespart. Müssten die USA langfristig mit einem Preis von über 100 Dollar je Fass leben, droht eine erneute Rezession. Präsident Obama erwägt, die strategischen Ölreserven anzuzapfen. Diese reichen allerdings nur für 37 Tage.

Von zentraler Bedeutung wird sein, was in Saudi-Arabien geschieht.

Das betrifft nicht nur die Stabilität der dortigen Regierung. Angeblich liegen große Förderkapazitäten brach. Regierungsmitglieder bekräftigen immer wieder, problemlos bis zu 12 Mio. Barrel pro Tag fördern zu können. Zahlreiche Vertreter der Erdölbranche halten das allerdings für ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht. In Libyen ist die Erdölindustrie inzwischen um zwei Drittel eingebrochen. Ausländische Fachleute sind weg.

Steht Saudi-Arabien tatsächlich vor dem Härtetest, droht bei Versagen ein Erdölschock.

Ich hoffe, das bleibt uns erspart. Dennoch bergen die weiteren Entwicklungen beträchtliche Risiken. Selbst Deutschland, derzeit die Wachstumslokomotive Europas, könnte davon erheblich betroffen sein. Auch die Schuldenkrise der westlichen Volkswirtschaften rückt an den Börsen wieder in den Blickpunkt. So wird befürchtet, dass es zu einem Ausverkauf bei Anleihen kommt. Nicht zu vergessen die Euro-Krise.

Regierungen und Notenbanken stehen somit vor gewaltigen Herausforderungen. 

(Der Deutsche Wirtschaftsbrief 11/2011)

Über Redaktion deutscher-wirtschaftsbrief.de

keine Kommentare...

Hinterlasse eine Antwort