Euro-Banken wurden überprüft: Kein Stress?

EZB gibt Ergebnisse der Bankentests bekannt: Wo liegen die Risiken?

EZB gibt Ergebnisse der Bankentests bekannt: Wo liegen die Risiken?

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Liebe Leser,

haben auch Sie am Sonntag vor dem Fernseher und den einschlägigen Nachrichtensendungen gesessen, um das Neuste zum europaweiten Bankentest zu erfahren? Wenn ja, dürften Sie die ersten Meldungen dazu wohl auch etwas erschreckt haben.

Schließlich wurde gemeldet, dass insgesamt rund 25 Banken beim Test der Europäischen Zentralbank EZB durchgefallen waren. Im Vorfeld hatte es zwar schon Gerüchte über eine höhere Anzahl gegeben, doch war meist nur von rund 11 Instituten die Rede. Nun also 25.

Allerdings: Nachdem sich die erste Aufregung gelegt hat, sieht das Bild deutlich freundlicher aus. Dazu müssen Sie wissen: Stichtag für die durchgeführte Überprüfung war bereits Ende 2013. Knapp 11 Monate später ist das daraus resultierende Ergebnis fast schon wieder Makulatur.

 

Zusätzlicher Kapitalbedarf bleibt überschaubar

So fielen zwar 25 Banken durch die Prüfung. Doch konnten sich im Jahresverlauf 12 Banken schon geeignetes frisches Kapital besorgen. Und für die verbliebenen 13 Banken ist der zusätzliche Kapitalbedarf überschaubar. Denn sie müssen innerhalb der nächsten 6 Monate insgesamt knapp 10 Mrd. Euro am Markt aufnehmen, um die Kapitalanforderungen der EZB zu erfüllen. Das scheint trotz der schwierigen Marktlage mehr als machbar.

Dennoch zeigte die Überprüfung auch gewisse Anfälligkeiten des europäischen Bankensystems. Das gilt insbesondere für die Frage, wie negative Marktentwicklungen das jeweilige harte Eigenkapital angreift. Dieses besteht grob gesagt aus dem Stammkapital der Bank und den Gewinnrücklagen und soll zum Auffangen von Verlusten dienen.

 

Detail-Ergebnisse lassen Fragen offen

Nachdem die EZB einen Stresstest mit unterschiedlichen negativen Szenarien durchgeführt hat, kam heraus, dass die Euro-Banken im Durchschnitt einen Rückgang ihrer Kernkapitalquote von 12,4% auf 8,3% verzeichnen mussten. Das scheint auf den ersten Blick beruhigend.

Denn nach den neuen Eigenkapitalregeln aus dem Regulierungswerk Basel III müssen die Banken aktuell nur ein Kernkapital von 4% vorhalten. Das entspricht den Übergangsregeln von Basel III. Selbst, wenn man die in 2019 völlig umgesetzten Regeln als Maßstab anlegt, ist noch Luft. Denn diese erfordern inklusive eines dann zusätzlich eingeführten Kapital-Erhaltungspuffers nur eine Rate von 7%.

Was mir aber aufgefallen ist: Beim 2011er Stresstest durch die Europäische Bankenaufsicht EBA gab es nur einen Abschlag bei Kernkapital um 2,2 Prozentpunkte. In den USA lag der Abschlag beim letzten Stresstest bei 2,9 Prozentpunkten. Sind die genannten 4,1 Prozentpunkte Abschlag beim aktuellen EZB-Test nun Ausweis von besonders harter Überprüfung oder eher von erneut zunehmender Schwäche der Euro-Banken gegenüber Stress-Situationen?

 

Gelegenheit für Schnäppchenjäger

Das wird den Kapitalmarkt noch eine ganze Weile beschäftigen. Aktuell ist er erleichtert, dass keine schlechteren Ergebnisse herauskamen, auch wenn die Detail-Analyse noch nicht abgeschlossen sein sollte.

Mein Rat: Wenn Sie auf kurze Frist anlegen wollen, könnten sich bei Banktiteln nun einige Kaufgelegenheiten ergeben. Orientieren Sie sich dabei aber vorzugsweise an den jeweiligen Marktführern.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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