Fällt die Abgeltungssteuer?

Automatischer Informationsaustausch kommt, Abgeltungssteuer soll fallen

Automatischer Informationsaustausch kommt, Abgeltungssteuer soll fallen

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Liebe Leser,

die Zeiten, in denen Sie Ihre Kapitaleinkünfte grundsätzlich nur durch die Abgeltungssteuer versteuern, könnten bald wieder vorbei sein. Aktuell gibt es Diskussionen in der Regierungskoalition, die eine Abschaffung der Abgeltungssteuer in Betracht ziehen.

Hintergrund: Als die Abgeltungssteuer 2009 eingeführt wurde, wollte die Regierung damit vor allem die Steuerflucht ins Ausland, insbesondere in die so genannten Steuer-Oasen, unterbinden. Doch hat sich der globale Steuer-Atlas in den vergangenen Jahren teils dramatisch gewandelt. Auf Druck Amerikas und der EU sind viele Steuer-Oasen trockengelegt oder für den heimischen Fiskus deutlich transparenter geworden.

 

Der automatische Informationsaustausch kommt

Hinzu kommt, dass nach Planungen der OECD (Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit) ab 2017 ein automatischer Informationsaustausch zwischen den Mitgliedsländern über die Kapitaleinkünfte ausländischer Anleger erfolgen soll. Die Schweiz als OECD-Mitglied und Singapur als derzeit profilierteste Steuer-Oase haben schon zugestimmt, bei diesem automatischen Austausch mitmachen zu wollen.

Diese Pläne nimmt nun in Deutschland vor allem die SPD als Steilvorlage, um die Abgeltungssteuer in Frage zu stellen. Ihre Argumentation: Die Privilegien für Kapitaleinkünfte sollen aus Gerechtigkeitsgründen entfallen. Aber natürlich erkennen Sie, dass hier schlicht auf mehr Einnahmen spekuliert wird, weil durch den automatischen Informationsaustausch die Schlupflöcher für „diskrete Geldanlagen“ innerhalb der OECD faktisch komplett geschlossen werden.

Der Plan, Kapitaleinkünfte wie Zinsen und Dividenden wieder nach dem persönlichen Steuersatz zu versteuern, findet dabei bei den Koalitionspartnern CDU und CSU sowohl Befürworter als auch Gegner. Während sich die CSU derzeit vehement gegen eine Abschaffung der Abgeltungssteuer ausspricht, könnte sich Finanzminister Wolfgang Schäuble damit anfreunden. Allerdings sieht er die Notwendigkeit, dass die Abgeltungssteuer mindestens bis 2020 bestehen bleibt.

 

Das Risiko: Vorteile verschwinden, Nachteile bleiben

Das Grundproblem für Sie als Anleger: Es ist damit zu rechnen, dass bei einer Abschaffung der Abgeltungssteuer nicht gleichzeitig auch die Nachteile abgeschafft werden. Sie erinnern sich: Vor der Einführung der Abgeltungssteuer waren Veräußerungsgewinne meist steuerfrei, wenn Papiere länger als ein Jahr gehalten wurden.

Seit 2009 sind Gewinne grundsätzlich steuerpflichtig. Zudem wurden Kapitalanlegern frühere Abzugsmöglichkeiten für Werbungskosten komplett gestrichen. Dass der Gesetzgeber dies wieder rückgängig machen wird, ist kaum zu erwarten.

Vielmehr ist sogar zu erwarten, dass der Fiskus das etablierte System nutzt, um frühzeitig seinen Anteil zu sichern. Das könnte bedeuten, dass die Banken weiterhin 25% Steuer an der Quelle einbehalten und Sie dennoch verpflichtet sind, Ihre Kapitaleinkünfte in der Steuererklärung anzugeben. Was dann noch nicht abgegolten ist, müssten Sie nachentrichten. Bei späteren Erstattungen hätte der Finanzminister aber vorher faktisch ein unverzinsliches Darlehen von Ihnen bekommen.

Es zeigt sich mal wieder: Steuern haben nichts mit Gerechtigkeit zu tun, auch wenn hier mit diesem Label gearbeitet wird. Es geht am Ende nur darum, möglichst viel Steuergeld in den Staatshaushalt zu schleusen.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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