Griechenland: Eine allerletzte Frist?

© Digipic / Fotolia.com

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Liebe Leser,

die Krisendiplomatie in Sachen Griechenland läuft weiter auf Hochtouren. Geradezu stündlich werden Sie als Leser, Steuerzahler und Anleger mit neusten Entwicklungen konfrontiert, die aber alle eins gemeinsam haben: Wenn man zwischen den Zeilen ließt, wird eine große Ratlosigkeit und Resignation deutlich.

Zwar liegt nun ein neuer Antrag der Griechen auf ein gleich dreijähriges Rettungspaket auf dem Tisch. Doch steht weiterhin im Raum, dass am kommenden Sonntag ein „allerletzter“ Verhandlungsgipfel die Lösung bringen muss. Ansonsten, so die Interpretation, gibt es endgültig den Grexit.

Dabei sollten Sie hier in Deutschland klar sehen: Nicht etwa die Euro-Zone, sondern primär Griechenland steht jetzt vor schweren Zeiten. Es war das überraschend angekündigte Referendum mit negativer Empfehlung, welches das Fass zum Überlaufen brachte. Natürlich wagt keiner, etwas gegen einen demokratisch herbeigeführten Entscheid der Griechen zu sagen. Doch im ganzen Prozedere sieht die restliche Euro-Zone eher ein Schmierentheater und ein Affront gegen die bisherigen Spielregeln.

 

Euro-Zone soll ohne Griechenland stabilisiert werden

Deshalb wurde in den letzten Tagen auch so deutlich: Den Euro-Staaten geht es immer mehr darum, die Integrität und Stabilität der Euro-Zone mit den verbleibenden 18 Mitgliedern zu sichern, als Griechenland eine weitere goldene Brücke zu bauen. Das gilt auch, wenn man bedenkt, dass gerade die Südländer durchaus gewillt erscheinen, das Thema eines Schuldenschnitts auf die Tagesordnung zu setzen.

Doch damit stoßen sie auf komplette Ablehnung der Nordländer und Osteuropas und wir glauben nicht, dass wegen Griechenland eine echte Spaltung bzw. Auflösung der Euro-Zone provoziert wird. Die von der griechischen Regierung gewünschte Machtprobe zwischen Nord und Süd wird es nicht geben.

 

Grexit wird teuer, aber verkraftbar

Aber alle Beteiligten, ob nun Politiker, Ökonomen oder die Verbraucher/Steuerzahler müssen sich bewusst werden: Jede Option wird teuer. Griechenland wird so oder so seine Schulden von rund 320 Mrd. Euro nicht mehr stemmen können. Die ELA-Notfallkredite der EZB dürften verloren sein. Insgesamt betroffen sind ca. 100 Mrd. Euro. Für knapp 30 Mrd. davon dürfte Deutschland über die Kapitalanteile an der Europäischen Zentralbank haften.

Grundsätzlich gilt: Bis Klarheit über den Fortgang herrscht, sollten Sie mit Neuinvestitionen in Aktien vorsichtshalber warten. Zwar gehen die meisten Analysten davon aus, dass ein Grexit an den Börsen relativ zügig verdaut werden wird. Dennoch dürfte es kurzfristig zu erheblichen Schwankungen kommen.

Volkswirtschaftlich gesehen dürfte ein Grexit mit offizieller Pleite für Deutschland hart, aber verschmerzbar sein. Beim Ausfall Griechenlands haften wir Deutschen direkt mit ca. 53 Mrd. Euro. So ärgerlich das auch ist: Es entspräche „nur“ etwa 670 Euro pro Kopf. Für die Griechen ist die Lage da schon weitaus dramatischer.

Mit besten Grüßen

Ihr Redaktionsteam „Wirtschaft-Vertraulich“, aus der Redaktion des Deutschen Wirtschaftsbriefs

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