Haushaltsnahe Dienstleistungen: Schlappe für´s Finanzamt

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Liebe Leser,

vor gut vier Wochen hatten wir Sie an dieser Stelle über ein neues Urteil des Finanzgerichts München informiert, das für Steuerpflichtige beim Thema „haushaltsnahe Dienstleistungen“ bzw. „Handwerkerleistungen“ mehr Spielraum ermöglicht. Dabei ging es im konkreten Fall um eine Haustür, deren Reparatur teilweise bei beauftragten Schreiner in seiner Werkstatt durchgeführt wurde.

Bislang üblich war hier eine sehr enge Auslegung des Begriffs „haushaltsnah“ durch Finanzämter und Gerichte. Doch hatte der Bundesfinanzhof schon im vergangenen Jahr geurteilt, dass der Haushaltsbegriff nicht nur räumlich, sondern auch funktional auszulegen sei.

Das Finanzgericht München hatte dies in seinem Urteil aufgegriffen und auch Werkstattarbeiten, soweit sie für die Durchführung des Auftrages unerlässlich sind, ebenfalls dem haushaltsnahen – und damit steuerbegünstigten – Bereich zugeordnet. Nun sorgte auch das Finanzgericht Nürnberg dafür, dass eine dicke Lücke in die bisherige Abwehrmauer des Finanzamtes geschlagen wurde.

 

Auch Straßenausbau-Gebühren können haushaltsnahe Dienstleistungen sein

Dabei ging es in dem verhandelten Fall um Straßenanliegerbeiträge für selbstgenutzte Immobilien. Das FG Nürnberg stuft dabei Kosten für den Ausbau einer Gemeindestraße als haushaltsnah ein (Az. 7 K 1356/14). Auch hier der Bezug auf den Bundesfinanzhof und die entsprechende Schlussfolgerung, dass auch Leistungen jenseits der Grundstücksgrenze die Steueranrechnung nach § 35 a EStG nicht ausschließen.

Das unterlegene Finanzamt hat dabei die ursprünglich gegen das Urteil eingelegte Revision inzwischen zurückgenommen. Allerdings hat dies bislang nur Wirkung im Bundesland Bayern selbst entfaltet.

 

Bayern als Vorreiter, aber noch sehr eingeschränkt

Das dortige Bayerische Landesamt für Steuern hat das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg akzeptiert. Eine entsprechende bisherige Durchführungs-Verfügung, nach der sich die Beschäftigten in den Finanzämtern richten müssen, wurde am 27. Oktober 2015 entsprechend aktualisiert (Az. S 2296b.1.1-5/2 St32). Allerdings wurde in der Verfügung detailliert darauf hingewiesen, dass man hier nur Bezug auf die bisherigen BFH-Urteile nimmt.

In der Praxis bedeutet dies, dass konkret einerseits nur die verpflichtende Scheeräumung eines Steuerpflichtigen auf öffentlichen Straßen und Wegen als haushaltsnahe Dienstleistung gewertet wird. Der zweite Fall, der nun zur steuerbegünstigten Handwerkerleistung wird, ist der Anschluss eines Grundstücks an eine zentrale Wasser- oder Abwasserversorgung.

 

Klagen könnte sich lohnen

Wenn Sie in einem anderen Bundesland leben und das Finanzamt bei Ihnen die Anerkennung von Erschließungskosten ablehnt, müssten Sie vorläufig weiter selbst klagen. Dennoch sollten sich Betroffene auf die genannten Urteile berufen. Und noch ein Zusatz-Tipp:

Liegen die Erschließungskosten über 6.000 Euro, sollten Sie bei Ihrer Gemeinde um Ratenzahlung bitten. Durch Verteilung auf zwei oder mehr Jahre können Sie diese jährliche Grenze für die Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen mehrfach nutzen.

Mit besten Grüßen

Ihr Redaktionsteam „Wirtschaft-Vertraulich“, aus der Redaktion des Deutschen Wirtschaftsbriefs

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