Investieren Sie nicht in die Mogelpackung „Bürgerdividende“

Mogelpackung Bürgerdividende

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Der Plan klingt zu schön, um wahr zu sein: Zwar müssen Sie als Stromkunden als Folge der ausgerufenen Energiewende tiefer in die Tasche greifen. Doch geht es nach dem Willen der Bundesregierung, könnten Sie sich zumindest einen Teil davon über die so genannte Bürgerdividende zurückholen.

Wie diese Bürgerdividende aussehen soll, blieb lange Zeit im Dunkeln. Nun wird ein erstes Projekt angeboten und meine frühen Befürchtungen bewahrheiten sich: Die Bürgerdividende der deutschen Energiewende wird für Anleger zu einem finanziellen Abenteuer.

 

Mogelpackung „Bürger-Anleihe“

Dabei geht es um die derzeit angebotene „Bürger-Anleihe“ der holländischen Netzbetreibergesellschaft TenneT. Das Unternehmen bietet dabei diese neue Anleihe in einem ersten Schritt bevorzugt Anwohnern und Grundstückseigentümern im Umkreis der neuen Stromtrasse Schleswig-Holstein-West an. Doch ist auch eine Börsennotierung geplant, die dann allen Anlegern offen steht.

Allerdings passt das Angebot an allen Ecken und Enden nicht mit den Marketing-Versprechen zusammen. Denn hier geht es nicht um die Finanzierung und Teilhabe an einem konkreten deutschen Stromtrassen-Projekt.

Vielmehr wandert der Erlös der Anleihe ganz offiziell in die allgemeinen Kassen von TenneT. Und dem Unternehmen steht letztlich dann frei, wofür es das Geld verwendet. Eine Mogelpackung, wie sie im Buch steht.

 

Die Konditionen halten viele Risiken bereit

Damit ist schon umrissen, was diese „Bürger-Anleihe“ tatsächlich ist. Eine ganz normale Unternehmensanleihe, mit dem Sie einer Firma Geld leihen. Das hat in der Beurteilung der Anleihe weitreichende Konsequenzen.

Denn ob die Rückzahlung und die Zinsen sicher sind, hängt ganz allein vom Erfolg des Unternehmens TenneT ab. Staatliche Garantien gibt es nicht. Hinzu kommt:

Diese Anleihe ist als unbesicherte nachrangige Hybrid-Anleihe konzipiert. Wenn Sie in solch einem Papier anlegen, bedeutet das konkret:

  1. Sie wissen nicht, wann Sie Ihr Kapital offiziell zurückbekommen. Über die Börse verkaufen wäre theoretisch möglich, doch könnten Sie dabei Kursverluste realisieren müssen.
  2. Durch die nicht vorhandene Besicherung müssten Sie sich im Insolvenzfall mit der Masse begnügen, die nach der Befriedigung der besicherten Gläubiger übrig bleibt. In bisherigen Fällen bedeutet so etwas eine sehr niedrige kleine Prozentzahl oder einen Totalverlust.
  3. Als nachrangiger Gläubiger würden Sie erst nach allen anderen Gläubigern in Ihren Ansprüchen befriedigt. Im Normalfall ist auch in dieser Version nichts mehr da zum Verteilen.

Erfahrene Anleger werden mit solchen Bedingungen durchaus umgehen können. Doch verlangen diese dann meist auch entsprechend hohe Kupons. So etwas könnte sicher auch die TenneT-Anleihe attraktiver machen, doch weit gefehlt.

 

Geringe und teilweise ungewisse Verzinsung schreckt ab

Für das dargestellte Investmentrisiko erhalten Sie im Marktvergleich eine nur sehr magere Rendite. So wird die Anleihe bis zum Baubeginn der genannten Stromtrasse West nur mit 3% pro Jahr verzinst.

Der im Prospekt versprochene Kupon von 5% pro Jahr wird erst nach Baubeginn der Trasse gezahlt. Der Baubeginn selbst soll 2015 sein. Doch Sie kennen ja die Schwierigkeiten, die solche Infrastrukturprojekte meist hervorrufen. Ganz abgesehen von Verzögerungen, die noch durch rechtliche Einsprüche möglich sein könnten.

Sollte der Bau erst einmal angefangen haben, gibt es die 5% pro Jahr für die nächsten 10 Jahre. Wie viel danach gezahlt wird, hängt von den Marktbedingungen ab, ist also nicht kalkulierbar.

 

Hochriskantes Investment

Solch eine Struktur kann nur zu einem Fazit führen: Bei dieser TenneT-Anleihe handelt es sich um ein hochriskantes, tendenziell gering verzinstes Papier, das mehr Verlust-Risiken als Chancen bereithält.

Ganz abgesehen davon, dass der Börsenhandel später sehr illiquide sein dürfte. Hier ist von einem Investment abzuraten.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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