Kann ein Vollstreckungstitel ungültig werden?

Droht eine Verwirkung dies Vollstreckungstitels, wenn Sie nichts tun?

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Wenn Sie das Pech haben, mit zahlungsunwilligen oder zahlungsunfähigen Kunden zu tun zu haben, können Sie am Ende eines gerichtlichen Mahnverfahrens Ihre Forderungen über einen gerichtlichen Vollstreckungstitel feststellen lassen. Der Vorteil: Solch ein Vollstreckungstitel gilt in der Regel 30 Jahre lang.

Allerdings wurde in jüngster Zeit immer wieder darüber diskutiert, ob diese Laufzeit hinfällig wird, wenn Sie als Gläubiger nicht genügend Aktivitäten zur Durchsetzung des Titels zeigen. Dann könnte der Schuldner aus dieser Inaktivität Kapital schlagen und seinen Schulden entkommen. Dazu ein Fall aus der Praxis:

 

Verwirkung ja oder nein?

Eine gewerblich arbeitende Vermieterin hatte gegenüber einem Mietschuldner versucht, an ihr Geld zu kommen. Den letzten Vollstreckungsversuch hatte sie dabei bereits 1995 veranlasst. Danach ruhte die Angelegenheit bis 2008. Erst dann beauftragte die Vermieterin ein Inkassounternehmen mit der erneuten Durchsetzung ihres Titels.

Doch der Schuldner stellte sich erneut quer. Diesmal mit der Begründung, dass die Vermieterin immerhin 13 Jahre lang nichts unternommen hätte. Damit wäre ihr Anspruch nun verwirkt.

Und er fand mit seiner Auffassung zunächst auch Gehör bei den angerufenen Gerichtsinstanzen. Sowohl Landgericht als auch das Oberlandesgericht gaben seiner Klage gegen die Zwangsvollstreckung statt. Erst vor dem Bundesgerichtshof wendete sich das Blatt (Az. XII ZR 59/12).

 

Anspruchserwerb zählt auch bei Inaktivität

Denn die Bundesrichter waren der Auffassung: Auch im Miet- und Pachtrecht kommt eine Verwirkung nur bei unzulässiger Rechtsausübung in Betracht. Das Argument, dass ein Titel längere Zeit nicht geltend gemacht wurde und deshalb verwirkt sei, reicht den Richtern nicht aus. Um es so weit kommen zu lassen, muss mehr dazukommen.

Grundsätzlich wäre eine Verwirkung denkbar, wenn der Schuldner darauf vertrauen könnte, dass eine Forderung gegen ihn nicht mehr durchgesetzt wird. Davon sei aber nicht auszugehen, wenn ein Gläubiger vor Gericht einen 30-jährigen Anspruch erstritten habe. 13 Jahre ohne Vollstreckungsversuch haben somit keine Verwirkung des Anspruchs zur Folge.

 

So bleiben Sie am Ball

Eine gute Nachricht für Sie, wenn Sie sich mit Schuldnern auseinandersetzen müssen. Denn so sind Sie grundsätzlich davon entlastet, permanent Ihren Forderungen hinterherlaufen zu müssen.

Dennoch sollten Sie sich in solchen Fällen eine Strategie einfallen lassen, mit der Sie eine regelmäßige „Nachlese“ der Forderungen sicherstellen. Denn so signalisieren Sie letztlich auch dem Schuldner, dass Sie die Angelegenheit aktiv halten.

Das dürfte am Ende einen ausreichenden psychologischen Druck aufrecht erhalten, so dass der Schuldner selbst daran interessiert ist, die Forderungen möglichst bald zu begleichen.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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