Kosten für Privat-Gutachten können zurückgefordert werden

Bei berechtigten Mängeln muss der Verkäufer Gutachter-Kosten erstatten.

Bei berechtigten Mängeln muss der Verkäufer Gutachter-Kosten erstatten.

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Liebe Leser,

so etwas hat sicherlich jeder von uns schon einmal erlebt: Sie kaufen etwas und dann stellt sich heraus, dass die Ware Mängel aufweist. In der Praxis können Sie dann zwei relativ unterschiedliche Erfahrungen machen.

In Bereichen, wo ein relativ hoher Wettbewerb herrscht oder die Warenpreise überschaubar sind, werden sich die Verkäufer meist schnell auf Besserung, Umtausch oder Rückgabe einlassen.

Aber es gibt auch oft genug den Fall, dass der Verkäufer schlicht einen Mangel an der Ware bestreitet. Damit Sie zu Ihrem Recht kommen, werden Sie in solch einer Situation kaum an der Beauftragung eines Privatgutachtens herumkommen.

 

Neues Urteil des BGH

Wer bislang dabei fürchtete, auf den Kosten für solch ein Gutachten sitzen zu bleiben, erhält nun durch ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs Rückendeckung.

Dazu der konkrete Urteils-Fall:

Die Kläger hatten Holzfertigparkett gekauft. Nach der fachmännischen Verlegung durch einen Tischler traten Verwölbungen im Parkett auf. Die Käufer zeigten den Mangel beim Verkäufer an, dieser bestritt aber, dafür verantwortlich zu sein. Vielmehr verwies er auf eine zu geringe Raumfeuchtigkeit bei den Käufern.

Diese schalteten deshalb auf ihre Kosten einen Gutachter ein. Dieser machte dann als Fehlerquelle die vom Verkäufer mitgelieferte Verlegeanleitung aus.

Die Käufer verklagten darauf sowohl Hersteller als auch Verkäufer des Parketts auf eine Minderung des Kaufpreises um 30% und Auslage der Gutachterkosten und vorgerichtlichen Anwaltskosten. Doch wurde in der 1. Instanz nur der Minderungsbetrag zugunsten de Kläger entschieden.

 

Gutachter-Kosten müssen unabhängig vom Verschulden gezahlt werden

Erst in der Berufung wurde festgelegt, dass der Beklagte auch die Kosten für den Gutachter zu zahlen hat. Die dagegen vorgebrachte Revision wurde vom Bundesgerichtshof abgelehnt (Az. VIII ZR 275/13).

Die Bundesrichter verweisen dabei auf § 439 Abs. 2 BGB. Dort steht, was ein Verkäufer bei Nacherfüllung verschuldensunabhängig zu leisten hat. Kosten für Gutachten sind dort zwar nicht aufgeführt. Doch muss der Verkäufer sie nach Ansicht des Bundesgerichtshofs trotzdem erstatten.

Wobei diese Entscheidung nicht nur auf Gutachterkosten in Fällen von Nacherfüllung zutrifft, sondern auch auf Gutachten, die zu einer Minderung des Kaufpreises führen.

 

Verzichten Sie nicht auf Gutachten

Mein Ratschlag an Sie: Scheuen Sie sich nicht davor, bei berechtigten Mängeln einen Gutachter einzuschalten. Mit dem neuen Urteil des BGH haben Sie beste Möglichkeiten, sich die Kosten wiederzuholen.

Noch ein Hinweis: Wenn Sie ein selbstständiges Beweisverfahren anstrengen, damit bei einem voraussichtlich längeren Zivilprozess ein Verlust von Beweismitteln verhindert wird, kann das angefertigte Gutachten unter Umständen auch gerichtsfest werden. Ein neues Gutachten wird das Gericht nur anordnen, wenn es das vorliegende Gutachten als unzureichend oder den Gutachter als befangen ansieht.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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