Migranten retten Deutschland nicht
Ob bei Ihnen Fachkräfte jetzt schon knapp geworden sind, weiß ich nicht. Glaubt man den Klagen der Wirtschaftsverbände, müsste es jedenfalls so sein. Auch die Politiker haben das Thema Fachkräftemangel jetzt erneut entdeckt. Die Befürchtungen über eine Explosion der Arbeitslosigkeit sind verflogen.
Stattdessen wird debattiert, wie offene Stellen besetzt werden könnten.
Indes: Die Thematik ist nicht neu. Schon vor zehn Jahren hatte sich eine Regierungskommission damit befasst. Ohne Ergebnis. Aktuell kommt hinzu, dass die Koalitionsparteien unterschiedliche Positionen vertreten. Vor allem die Liberalen fordern den Zuzug von qualifizierten Arbeitskräften aus dem Nicht-EU-Raum. Teile der Union, darunter Kanzlerin Merkel, wollen dagegen zunächst das Potenzial im Inland erschließen.
Hartz-IV-Bezieher sollen „aktiviert“ sowie hier lebende Migranten besser qualifiziert werden.
Dazu die These des Schweizer Kollegen Matthias Bent: Nicht der demografische Wandel sei das Problem. Über den Wohlstand entscheide nicht die gesamte Wirtschaftsleistung, sondern das, was pro Kopf erarbeitet wird. Nimmt die absolute Wirtschaftsleistung wegen schrumpfender Bevölkerung ab, schade das folglich nicht. Das Pro-Kopf-Einkommen könne auch dann ohne Weiteres noch steigen, wenn weniger Menschen arbeiteten.
Unternehmen produzierten schon heute dort, wo die nötigen Arbeitskräfte vorhanden seien.
Den eigentlichen Knackpunkt in der aktuellen Diskussion sieht der Schweizer im deutschen Sozialsystem: Weniger Arbeitskräfte müssten für immer mehr Rentner aufkommen. Zudem sänken die Steuereinnahmen. Wer großzügigen Zuzug von Ausländern fordere, verlange von diesen, die deutschen Renten mitzufinanzieren. Zudem müssten die Migranten bereit sein, mit ihren Steuergeldern die hiesigen Staatsschulden zu bedienen. Im Klartext:
Sozialabgaben und Steuern machen Deutschland für qualifizierte Ausländer unattraktiv.
Das zeigt sich in der Tat daran, dass die Freizügigkeit innerhalb der EU keinerlei Sogwirkung entfaltet. Im Gegenteil: Es gibt sogar eine Reihe von Branchen, in denen es deutsche Fachkräfte ins nahe Ausland zieht.
Ärzte, Krankenschwestern und Ingenieure bestimmter Fachrichtungen wandern bevorzugt in die Schweiz aus.
Bei exakt diesen Arbeitskräften liegt laut Bundesagentur für Arbeit tatsächlich ein leichter Mangel vor.
Wie es weitergeht, bleibt abzuwarten. Der Politik dürfte es kaum gelingen, Deutschland attraktiv zu machen. Dafür müsste sie ernsthaft damit beginnen, den Sozialstaat dem demografischen Wandel anzupassen. Über den massenhaften Zuzug qualifizierter ausländischer Arbeitskräfte wird das nicht gelingen. Folge: Auf der Suche nach Fachkräften für Ihren Betrieb bleiben Sie auf den hiesigen Arbeitsmarkt angewiesen.
Das dürften in erster Linie weiterhin die 3 Millionen Arbeitslosen sowie die Hartz-IV-Empfänger sein.
(Der Deutsche Wirtschaftsbrief 03/2011)
keine Kommentare...