Mittelstandsanleihen: Risiko oder Chance?

Aufpassen bei Mittelstandsanleihen

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Wenn Sie am Markt für Mittelstands-Anleihen engagiert sind, sollten Sie aufpassen:

Denn dieses Segment des deutschen Anleihenmarktes zeigt klare Ermüdungserscheinungen.

Dabei scheint der bisherige Erfolg zum größten Risiko zu werden.

 

Mittelstandsanleihen sind eine Erfolgsgeschichte

Keine Frage: Deutsche Mittelstandsanleihen sind erst einmal eine Erfolgsgeschichte. Sie werden überwiegend an 4 Börsen – Frankfurt, Stuttgart, München und Düsseldorf – gehandelt.

Dabei hat sich seit 2010 ein platziertes Gesamtvolumen von geschätzten rund 4 Mrd. € aufgebaut.

Neben den Chancen, am Erfolg des deutschen Mittelstandes zu partizipieren, gibt es aber auch erhebliche Risiken.

 

Risiken sind klar erkennbar

So hat der faktische Zusammenbruch der deutschen Solarindustrie auch am Anleihenmarkt mit mehreren Insolvenzen und Anleihenausfällen Spuren hinterlassen.

Andere Emittenten konnten ihre vollmundigen Versprechen ebenfalls nicht halten. Deren Anleihen zeigten entsprechend starke Kursverluste.

Dennoch sollten Mittelstandsanleihen generell als interessantes Anlageinstrument im Hochzins-Bereich angesehen werden. Denn es gibt weiterhin solide Emittenten, die ein gutes Chancen-Risiko-Verhältnis bieten.

 

Zu viele neue Emittenten?

Doch es gibt aktuell ein nicht zu unterschätzendes Problem: Es strömen derzeit zu viele neue Emittenten an die Börse.

Das klingt erst einmal paradox. Schließlich muss es im Interesse dieses Marktsegmentes sein, möglichst viele Unternehmen anzulocken. Nur so kann Ihnen als Investoren eine große Auswahl und Marktbreite geboten werden.

Im 1. Halbjahr waren es gleich 30 Unternehmen, die Geld aufnehmen wollten. Das waren fast doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum.

Insgesamt platzierten sie Anleihen im Gesamtwert von 1,1 Mrd. €. Doch immer mehr von ihnen konnten die ursprünglichen Platzierungsvorhaben nicht umsetzen.

 

Misslungene Platzierungen werden mehr

Einige Beispiele:

  • MBB Clean Energy wollte bis zu 300 Mio. € platzieren. Das Unternehmen will ein Portfolio an Solar- und Windparks aufbauen. Doch es brachte aber nur magere 72 Mio. € unter.
  • Die Deutsche Rohstoff AG wollte zur Finanzierung ihrer Ölförderung in Amerika 100 Mio. € aufnehmen. Am Ende gelang nur die Platzierung von gut 52 Mio. €.
  • Abgeblitzt ist auch der Maschinenbauer Rena, der bis zu 50 Mio. € unterbringen wollte. Er schaffte nur ein aktuelles Platzierungsvolumen von 13 Mio. €.

Damit dürfte offensichtlich werden: Die Flut an neuen Emissionen hat die Investoren im Mittelstandssegment eindeutig überfordert.

 

Droht ein Käuferstreik?

Das kann letztlich in einem Käuferstreik enden. Zumal viele Emittenten auch versuchen, die noch recht günstigen Finanzierungsbedingungen auszureizen.

In der Praxis bedeutet das: Viele der gebotenen Coupons entsprechen nicht dem Risiko des jeweiligen Unternehmens.

Das verdirbt die Gesamtstimmung. Ob sich das bessert, werden wir wohl erst nach der Sommerpause sehen, die langsam einsetzen dürfte.

 

So legen Sie richtig in Mittelstandsanleihen an

Wenn Sie im Mittelstandssegment engagiert sind oder dies überlegen, sollten Sie ganz grundsätzlich eine Strategie umsetzen, die eher an Bewährtem ansetzt. Konkret heißt das:

Neue Emissionen sind sicher immer interessant und sollten entsprechend analysiert werden.

Doch den Kern eines Investments in diesem Marktsegment sollten Anleihen und Emittenten bilden, die schon ihre Investment-Qualität unter Beweis gestellt haben.

Doch auch dabei ist zu beachten: Mittelstandsanleihen sollten aufgrund ihres generell hohen Anlagerisikos nur eine Beimischung in einem Depot sein, niemals das Übergewicht.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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