Nach dem Brexit-Beschluss: Droht eine neue Bankenkrise?

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Liebe Leser,

aus Großbritannien erreichen uns bedrohliche Nachrichten. Schon 7 britische Immobilienfonds mussten angesichts einer Flut von Anteilsrückgaben die Hände heben und schließen. Das bedeutet, dass Anleger nun nicht mehr auf normalem Wege herauskommen, sondern in einer – milliardenschweren – Verlustfalle sitzen.

Wobei Sie darauf wetten können: In etlichen dieser Fonds dürften auch Banken investiert sein, rund um den Globus, aber besonders aus Europa. Was auch bedeuten kann: Es drohen den Kreditinstituten hohe Verluste. Und nicht nur da.

 

Britischer Immobilienmarkt kommt in schwere Turbulenzen

Denn wenn der Brexit kommt, dürfte nicht nur der Immobilienmarkt auf der Insel zusammenbrechen. Konjunkturelle Verwerfungen sind erwartbar, inklusive Kreditausfällen in der Wirtshaft und bei Verbrauchern. Ein Szenario, das den Banken und auch dem Kapitalmarkt eine heiden Angst macht.

Das erklärt auch, warum die Bankaktien derzeit so stark unter Druck stehen. Zumal nicht nur Großbritanniens Situation auf die Stimmung in der Branche drückt, sondern nun auch negative Impulse aus Italien kommen. Dort hat sich ein altes Sorgenkind wieder zu Wort gemeldet. Denn die dortige Bank Monte die Paschi di Siena droht erneut unter der Last fauler Kredite zusammenzubrechen.

 

Italien hat ein neues (altes) Sorgenkind

Nun will Italien in großer Eile einen neuen Bankenrettungsfonds zusammenzimmern, um das Institut aufzufangen. Wobei man sich halbwegs einig zeigt mit dem Rest der italienischen Banken, weil diese aus einem Konkurs auch negative Konsequenzen für sich selbst fürchten.

Dass die Anleger aus dieser neuen italienischen Affäre schnell ein großes Frageziechen auch hinter andere Banken aus dem Euro- und EU-Raum formulieren, liegt auf der Hand. Zumal man große Sorge hat, dass die EZB als „Lender of last resort“ („Letzter Kreditgeber“) langsam aber sicher an ihre Grenzen kommt.

 

EZB kommt ins Grübeln

Nicht unbedingt, was ihren Willen angeht, doch gerade im Bereich der Anleihenkäufe scheint man selbst inzwischen Sorge zu haben, ob man das gewollte Volumen auch so zusammenkaufen kann, da langsam in manchen Märkten das Angebot knapp wird. Die letzte Alternative wäre hier, wohl tatsächlich die sprichwörtliche Notenpresse anzuwerfen, was aber mit Blick auf die Inflation noch unkalkulierbarer Folgen haben könnte als die jetzt schon tätigen Maßnahmen.

Das alles schafft ein Börsenklima, in dem schon der Spruch von einer neuen Banken- und/oder Finanzkrise umgeht. Dabei wäre es gerade der Politik durchaus möglich, hier für einen Stimmungsumschwung zu sorgen. Denn das Thema Brexit bzw. die neusten Entwicklungen fordern geradezu dazu auf, endlich wirklich „gestaltend“ tätig zu werden.

 

EU hätte einmalige Chance, den Brexit zurückzudrehen

Denn Tatsache ist: Die beiden Brexit-Gallionsfiguren Boris Johnson und Nigel Farage sind abgetaucht, weil sie die echte Arbeit eines Brexit anderen überlassen wollen. Nun müssen das also Leute umsetzen, die das mehr oder weniger gar nicht wollen. Gleichzeitig haben die Briten wohl schon verstanden, was auf sie zukommen könnte.

Da wäre es ein leichtes für die EU-Kommission und die anderen EU-Mitgliedsländer, einen generellen Stimmungsumschwung auf der Insel zu initiieren, der dann auch noch in ein neues Referendum oder die geduldete Nicht-Beachtung des bisherigen Ergebnisses münden könnte. Und wenn es über den Weg von Neuwahlen gehen müsste, der eben den Brexit als großes Wahlkampfthema hätte.

Doch was macht die EU stattdessen: Sie drängelt auf eine möglichst schnelle Scheidung. Doch mit verletzter Eitelkeit macht man keine gute Real-Politik. Bleibt zu hoffen, dass die EU die Chance, die auf der Straße liegt, endlich erkennt. Denn abzuarbeitende Krisen gibt es genügend, auch ohne einen Brexit.

Mit besten Grüßen

Ihr Redaktionsteam „Wirtschaft-Vertraulich“, aus der Redaktion des Deutschen Wirtschaftsbriefs

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