Schein-Selbstständigkeit: So vermeiden Sie Probleme

Tappen Sie bei der Beschäftigung von freien Mitarbeitern nicht in die Falle der Schein-Selbstständigkeit

Tappen Sie bei der Beschäftigung von freien Mitarbeitern nicht in die Falle der Schein-Selbstständigkeit

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Liebe Leser,

Sie kennen sicher das Sprichwort „Wenn zwei das Gleiche tun, ist es immer noch nicht dasselbe“. Abgesehen von den dadurch deutlich gemachten sprachlichen Unterschieden geht es in diesem Spruch vor allem auch darum, dass zwei Personen zwar gleiche Handlungen durchführen können, diese aber nicht unbedingt gleich interpretiert bzw. beurteilt werden.

In unserer heutigen Gesellschaft trifft dieser feine, aber entscheidende Unterschied oftmals auf eine ganz besondere Beziehung zu, nämlich die zwischen Politik/Politikern und Unternehmen/Bürgern. Denn nicht selten setzt die Politik zwar für Bürger und Unternehmen Regeln auf, hält sich aber selbst nicht daran. Eines der besonders krassen Beispiele der jüngsten Zeit spielt ausgerechnet auch noch im Bundestag.

 

Bundestag unter Verdacht

So steht die Bundestags-Verwaltung im Verdacht, Schein-Selbstständige wissentlich beschäftigt zu haben. Es geht dabei um die Besucherführer. Für die besteht laut der Deutschen Rentenversicherung Bund Versicherungspflicht. Diese soll aber bis heute vom Bundestag ignoriert worden sein, obwohl die Problematik bereits seit 2009 bekannt ist.

Insgesamt sollen sich die Beitragsnachforderungen für die letzten vier Jahre auf knapp 2,4 Mio. Euro belaufen. Ohne Zinsen und Säumniszuschläge, versteht sich. Das ist womöglich sogar als Sozialversicherungsbetrug zu werten. Ein Betroffener erstattete außerdem Strafanzeige. Einsicht hat der Bundestag bislang dennoch nicht gezeigt. Vielmehr ist geplant, gegen die Nachforderungen der Rentenkasse Widerspruch einzulegen.

Soviel Chuzpe dürften Sie als Arbeitgeber, wenn Sie in eine ähnliche Situation kämen, wohl kaum aufbringen dürfen. Manche sind eben doch gleicher als andere.

 

Schein-Selbstständigkeit kann teuer werden

Grundsätzlich gilt: Nehmen Sie bei Ihren Beschäftigten das Thema Schein-Selbstständigkeit nicht auf die leichte Schulter. Denn wird bei einer Betriebsprüfung dieses Thema negativ für Sie beurteilt, müssen Sie unter Umständen die Sozialversicherungsbeiträge plus die Arbeitgeber-Anteile für die letzten 4 Jahre nachzahlen.

Kann man Ihnen zusätzlich auch noch nachweisen, dass Sie den betroffenen Mitarbeiter wissentlich als Schein-Selbstständigen beschäftigt haben, können sogar Beiträge für die letzten 30 Jahre verlangt werden.

 

Wie auf Schein-Selbstständigkeit geprüft wird

Hinsichtlich der Beurteilung von Schein-Selbstständigkeit gibt es aber auch eine gute Nachricht. Denn der ursprünglich eingeführte Merkmalskatalog, anhand dessen eine Schein-Selbstständigkeit vom Auftraggeber selbst beurteilt werden musste, ist seit 2009 nicht mehr gültig. Zur Entlastung der Unternehmen wurde im Zuge der entsprechenden Gesetzesreform die Beweislast für oder gegen eine Schein-Selbstständigkeit vom Arbeitgeber auf die prüfenden Behörden zurück verlagert.

Aber Sie sollten dennoch wissen: Die Prüfer bei Krankenkassen und Sozialversicherern ziehen immer noch den alten Merkmalskatalog heran, um hier in Einzelfallentscheidungen Anhaltspunkte für eine Schein-Selbstständigkeit herauszufiltern. Die wichtigsten Indizien für das Vorliegen einer Schein-Selbstständigkeit sind dabei

  • Die Person beschäftigt im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer.
  • Sie ist auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig.
  • Der Auftraggeber oder ein vergleichbarer Auftraggeber lässt entsprechende Tätigkeiten regelmäßig durch von ihm beschäftigte Arbeitnehmer verrichten.
  • Die Tätigkeit lässt typische Merkmale unternehmerischen Handelns nicht erkennen.
  • Die Tätigkeit entspricht dem äußeren Erscheinungsbild nach der Tätigkeit, die sie für denselben Auftraggeber zuvor auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hatte.

 

Gehen Sie auf die Prüfer zu

Als Auftraggeber oder als geprüfte Person sollten Sie alle diese Punkte entkräften oder spezielle Erklärungen anbringen können, warum in der aktuellen Lage das eine oder andere doch zutrifft. Dies ist vor allem für Existenzgründer wichtig, die oftmals nur mit einem Auftraggeber starten. Der Gesetzgeber sieht auch eine entsprechende Würdigung solcher Auftragsverhältnisse vor.

Aus eigener Erfahrung als überprüfter Selbstständiger kann ich Ihnen empfehlen: Gehen Sie offen auf die Prüfer zu, wenn es sich tatsächlich um eine selbstständige Arbeit handelt. Die neue Gesetzes-Ausgestaltung mit Schwerpunkt auf Einzelfall-Entscheidungen erlaubt hier den nötigen Beurteilungs-Spielraum für die Prüfer.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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