Zur Kündigung wegen sexueller Belästigung am Arbeits-Platz

© Haramis Kalfar / Fotolia.com

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Liebe Leser,

wenn Sie als Arbeitgeber tätig sind, stehen Sie immer wieder auch vor der Frage, wie Sie eventuelles Fehlverhalten von Mitarbeitern ahnden können oder müssen. Die entsprechenden Arbeitsgesetze geben Ihnen dabei zwar einen gewissen Rahmen. Doch in der Praxis zeigt sich, dass in vielen Fällen erst ein eingeschaltetes Arbeitsgericht tatsächliche rechtliche Sicherheit bringt.

Das gilt besonders dann, wenn es sich um die schärfste Maßnahme im Arbeitsrecht geht, um eine fristlose Kündigung. Ganz grob gesagt können Sie einem Angestellten dann fristlos kündigen, wenn eine Zusammenarbeit mit ihm nicht mehr zumutbar ist (was im Übrigen auch andersherum gelten kann, aber wohl eher selten ist).

 

Fristlose Kündigung als Ultima Ratio

Sprich: Das Vertrauensverhältnis muss derart zerrüttet sein, dass hier keine „Heilung“ mehr zu erwarten ist. Die Gerichte haben in ihrer bisherigen Spruchpraxis über die Jahre schon so etwas wie ein gewisses Koordinatensystem geschaffen, an dem Sie sich als Arbeitgeber orientieren können. Was meist bedeutet, dass absolut einmaliges geringes Fehlverhalten von bislang unbescholtenen Mitarbeitern oftmals nur mit einer Abmahnung versehen wurde, im schlimmeren Fall mit einer ordentlichen Kündigung.

Aber es zeigt sich: Bei manchen Themen stecken die Richter aber auch einen sehr engen Rahmen ab. Das gilt besonders für den Fall sexueller Belästigung. Wobei es hier nicht einmal darauf ankommt, wann der entsprechende Vorfall war. Denn wie ein jüngeres Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Az. 2 Sa 235/15) zeigt, kann solch ein Fehlverhalten auch nach Jahren Konsequenzen nach sich ziehen.

 

Gerichte machen Unterschied zwischen Vermögensdelikten und sexueller Belästigung

Konkret ging es darum, dass ein Lebensmitteleinzelhändler dem bisherigen Abteilungsleiter Ende Januar 2015 fristlos gekündigt hatte. Diesem war vorgeworfen worden, Fleisch im Wert von 80 Cent verzehrt zu haben. Anschließend erfuhr der Händler von einem weiteren Vorfall:

Bereits im Frühjahr 2014 hatte der entlassene Mitarbeiter eine Kollegin bedrängt, umarmt und sexuell belästigt. Der Arbeitgeber stützte die Kündigung nun auch auf diesen Grund. Der Gekündigte protestierte vergeblich. Seine Kündigungsschutzklage wies das Gericht zurück.

 

Kündigung auch nach Jahren möglich, wenn Vorfall bislang nicht bekannt war

Begründung: Der Verzehr des Fleisches sei zwar „nur“ ein Vermögensdelikt, das lediglich ordentliche Kündigung erlaube. Die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz jedoch rechtfertige sehr wohl die fristlose Entlassung des Mannes. Dass der Arbeitgeber erst Monate später reagierte, weil er erst dann davon erfuhr, steht dem nicht entgegen. Denn:

Wie Sie sich vielleicht auch schon aus anderen Besprechungen zum Thema fristlose Kündigung erinnern, gilt für eine fristlose Kündigung eine Frist von 2 Wochen, nachdem Sie von dem entsprechenden Umstand erfahren haben. Da dies hier ebenfalls der Fall war, war die fristlose Kündigung wegen der sexuellen Belästigung rechtens.

Mit besten Grüßen

Ihr Redaktionsteam „Wirtschaft-Vertraulich“, aus der Redaktion des Deutschen Wirtschaftsbriefs

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