Umschuldungsklauseln: Praxistest läuft

Neue Regeln für Euro-Staatsschulden

Seit Jahresanfang werden Staatsanleihen der Euro-Mitglieder mit neuen Klauseln emittiert. Dies geht auf den ESM-Vertrag zurück, der bekanntlich den permanenten Rettungsschirm festgezurrt hat. Die neuen Klauseln sollen die Umschuldung der jeweiligen Schuldenpapiere regeln, falls die Emittenten in eine entsprechende Notlage geraten.

Mit den so genannten Collective Action Clause (CAC) wird ein neuer rechtlicher Rahmen geschaffen. Er soll sicherstellen, dass bei der Änderung von Anleihenbedingungen diese nicht nur für die einzelne Emission gilt, sondern für alle Anleihen, die mit einer CAC ausgestattet sind.

 

Neue Mehrheitsverhältnisse

Dabei geht es vor allem um wesentliche Änderungen der Anleihenbedingungen. Wesentlich in dem Sinn, dass damit die Gläubiger schlechter gestellt werden. Um eine Änderung umzusetzen, bedarf es zum einen der Zustimmung des Emittenten, und zum anderen der Mehrheit der Gläubiger. Mehrheit ist dabei genau genommen ein relativer Begriff.

Damit die Gläubigerversammlung beschlussfähig ist, müssen mindestens 66,66% des ausstehenden Nennwertes vertreten sein. Änderungsbeschlüsse sind dann für alle gläubiger bindend, wenn mindestens 75% des anwesenden Nennkapitals zugestimmt haben. Das bedeutet de facto, dass eigentlich nur 50% der Gläubiger zustimmen müssen. Darüber hinaus gibt es weitere Abstimmungsfeinheiten für schriftliche Abstimmungen und emissionsübergreifende Änderungen.

Das wirft zwei Probleme auf. Zu Recht wird hier auch von einer „Enteignungsklausel“ gesprochen. Denn sie nimmt Investoren die Möglichkeit, ihr gutes Recht durchzusetzen. Das Argument, dass man dabei vor allem Hedge Fonds treffen will, ist blanke Augenwischerei. Denn am Ende wird es hauptsächlich Kleinanleger treffen, die über keine ausreichende Lobby verfügen.

 

Bundesbank macht sich Sorgen

Ebenfalls problematisch ist die Frage nach den Beteiligungsverhältnissen. Die Deutsche Bundesbank hat selbst in ihrem letzten Monatsbericht den Finger in die Wunde gelegt. Denn sowohl die EZB als auch die nationalen Notenbanken sind mittlerweile wichtige, teilweise sogar wichtigste Anlaufstelle für neue Staatsanleihen.

Daraus erwächst das Risiko, dass die Notenbanken so starke Stimmgewichte aufbauen, dass ihnen faktisch ein Vetorecht bei entsprechenden Verhandlungen zufällt. Damit könnten nach Ansicht der Bundesbank freiwillige Umschuldungen deutlich erschwert werden.

 

Staaten umgehen selbst neue Umschuldungsklauseln

Aktuell kann man angesichts dieser Problematik zwei Trends feststellen. Zum einen reagieren die Investoren relativ gelassen auf die neuen Klauseln. Tatsächliche Renditeaufschläge, die allein aus diesen Klauseln abgeleitet werden können, sind bislang nicht feststellbar. Vorläufig ist zu vermuten, dass dies so bleibt.

Andererseits üben etliche Länder eine gewisse Vermeidungsstrategie, um erst gar keine Zweifel wegen der Klauseln aufkommen zu lassen. Da die neuen Klauseln nur für neue Emissionen ab einer Mindestlaufzeit von einem Jahr gelten, gibt es viele unterjährige Platzierungen bzw. Aufstockungen schon vorhandener Emissionen.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller

Redaktion deutscher-wirtschaftsbrief.de

 

Bildnachweis: Gevestor

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