Unter den deutschen Wirtschaftsverbänden ist jetzt der Streit eskaliert

Unter den deutschen Wirtschaftsverbänden ist jetzt der Streit eskaliert

Der BDI verweist auf die Vorteile des Euro für die hiesigen Exporteure. Daraus eine Solidarhaftung für Europa abzuleiten, überzeugt jedoch nicht. Der Erfolg der deutschen Unternehmen basiert auf ökonomischer Vernunft. Und auch auf harter Arbeit und Tüchtigkeit, betonen die Familienbetriebe. Exakt das habe ich Ihnen an dieser Stelle vor 14 Tagen geschrieben.

 

Ginge es nach den Familienunternehmen, hätte das desaströse Griechenland im Euro-Raum nichts zu suchen. Sie wünschen sich, dass die Politik den Euro nur für solide Kernstaaten absichert und gerade dadurch erhält. Ziel müsse sein, die Rettung des Euro auf der Grundlage marktwirtschaftlicher Prinzipien zu erreichen. Das würde die Risiken für Deutschland und die deutschen Steuerzahler kalkulierbar machen. Indes:

 

Die Grundsätze der Marktwirtschaft sind durch die Dauerrettungsmaßnahmen längst außer Kraft gesetzt. Banken, die auf dem Markt normalerweise nichts mehr verloren hätten, werden künstlich am Leben gehalten. Die Haftungsobergrenze Deutschlands für alle Euro-Rettungsfonds hat Schäuble mit 310 Mrd. € beziffert. Wie erpressbar die Bundesrepublik damit bereits geworden ist, hat der jüngste Euro-Gipfel gezeigt. Mehr noch:

 

Durch die Rettungsmechanismen werden die tüchtigen und soliden Volkswirtschaften sogar bestraft. So will das ärmste Euro-Land Slowakei in diesem Jahr – stabilitätskonform – 1,3 Mrd. € an Ausgaben einsparen. Gleichzeitig soll es 1,2 Mrd. € für die Rettung der spanischen Banken zuschießen. Ist das nicht pervers? Vor dem Beitritt zur Euro-Zone war es der Slowakei gelungen, seine Banken auf eigene Kosten zu sanieren. Würde das Land jetzt so wirtschaften wie Spanien, bekäme es Geld und bräuchte nichts zu zahlen.

 

Mit dem dauerhaften Rettungsschirm ESM werden die souveränen Haushaltsrechte der Staaten ausgehöhlt. Die ESM-Organe können völlig eigenverantwortlich Entscheidungen über dreistellige Milliardenbeträge treffen. Im operativen Führungsorgan der ESM sitzen Beamte, die Mitgliedsländer zu Nachzahlungen zwingen können. Ob das Bundesverfassungsgericht das absegnen wird, ist eine spannende Frage.

 

Trotz aller Rettungsaktionen ist nicht auszuschließen, dass die Politik vor Griechenland kapitulieren muss. Denn das marode Land soll nicht bereit sein, die Vorgaben der Troika auch nur annähernd umzusetzen. Statt den öffentlichen Dienst zu dezimieren, wurden 2010 und 2011 rund 70.000 neue Beamte eingestellt. Irgendwann dürfte dieses Fass überlaufen.

 

Die Finanzmärkte sind da schon weiter als die Politik – sie erwarten Griechenlands Austritt aus dem Euro. „Je eher, desto besser“, erhofft sich Georg Schuh, immerhin Chef-Anlagestratege der Deutschen Bank. Er sieht darin sogar die Chance, dass sich der Euro künftig als „organisches Konstrukt“ bewähren kann. Schwache Staaten scheiden aus und können so eine eigenständige Geld- und Wechselkurspolitik betreiben. So könnte beispielsweise Polen einsteigen. Das erscheint auch mir besser als die Euro-Rettung um jeden Preis.

(Der Deutsche Wirtschaftsbrief 27/2012).

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