Viele Jahre war es ziemlich einfach, ohne größeres Risiko Geld zu verdienen

ohne größeres Risiko Geld zu verdienen

Wie es aussieht, werden die Zinsen noch länger auf diesem Niveau bleiben. Je tiefer sie sind, desto leichter können die Staaten ihre Schulden bedienen. Das tut not. In Europa ist es nicht gelungen, die Verschuldung zu reduzieren. Im Gegenteil – durch die Krisenbekämpfung ist sie sogar stark gestiegen.

 

Egal, welche Zeitung Sie derzeit aufschlagen: Als Sündenbock schlechthin gilt das kleine Griechenland. 10,7 Mio. sparunwillige Griechen sollen schuld sein, wenn es die Börsen rund um den Globus in die Tiefe reißt. Dass da etwas nicht stimmen kann, liegt auf der Hand. Ich erkläre mir das so:

 

Griechenland ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Staatsverschuldung ist für ganz Europa das Problem. In Belgien etwa beträgt sie nach den offiziellen Zahlen gegenwärtig 98,2 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP). 86 % sind es in Frankreich, 82 % in Spanien. Mit 120 % ist Italien dabei.

 

Nicht eingerechnet sind allerdings staatliche Garantien und andere Verpflichtungen für den Finanzsektor. Belgien kommt dadurch auf 139,2 %, Frankreich auf 146 %, Spanien auf 140 % und Italien sogar auf 200 %. Und Deutschland? Statt der offiziellen 68 % ist hierzulande eher eine Verschuldungsquote von 134 % realistisch. Pensionsansprüche nicht einmal eingerechnet. Wie hoch die sind, hat der Bund der Steuerzahler kürzlich ermittelt: Bis zum Jahr 2050 betragen sie in unserem Land unvorstellbare 1,36 Billionen Euro.

 

Eine enorm hohe Staatsverschuldung hatte Europa auch in den 50er- und 60er-Jahren zu verzeichnen. Damals war der Schuldenabbau gelungen, weil beim BIP Wachstumsraten von über 4 % erreicht wurden. Selbst bei Abkehr von der Spar- und Stabilitätspolitik dürften solche Zuwächse heute aber Illusion bleiben.

 

Um den Krisenländern Europas zu helfen, will die Bundesbank jetzt eine höhere Inflation tolerieren. Das passt zur Forderung Schäubles, die hiesigen Löhne und Gehälter kräftig zu erhöhen. Das gemeinsame Ziel: Die Wettbewerbsfähigkeit der Südländer gegenüber Deutschland soll verstärkt werden. Ein Drahtseilakt! Wenn das schiefgeht, werden auch wir dauerhaft an Wettbewerbsfähigkeit einbüßen.

 

Ob mit oder ohne Griechenland – für die Bürger in der Währungsunion sieht es nicht mehr rosig aus. Wir werden uns wohl darauf einstellen müssen, dauerhaft mit einer hohen Staatsverschuldung zu leben. Je langsamer der Schuldenabbau gelingt, desto größere Belastungen werden insbesondere die Sparer tragen. Ich fürchte, dass es aus dieser Abwärtsspirale kein Entkommen gibt.

(Der Deutsche Wirtschaftsbrief 20/2012).

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