Wann Abmahnen besser als Kündigen ist
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“Wirtschaft-vertraulich”:
Liebe Leser,
wenn Sie Mitarbeiter beschäftigen, werden Sie über kurz oder lang auch mit dem Thema Kündigung in Berührung kommen oder schon gekommen sein. Für viele Arbeitgeber, insbesondere in kleinen und mittelständischen Firmen, ist dies immer noch ein heikles Thema.
Denn meist geht es nicht nur um das blanke Arbeitsrecht, sondern auch oft um menschliche Enttäuschungen. Dennoch sollten Sie als Arbeitgeber versuchen, bei möglichen Kündigungsfällen möglichst objektiv und vor allem verhältnismäßig zu bleiben.
Ansonsten droht Ihnen neben dem Ärger über Ihren Angestellten auch noch der mögliche finanzielle Schaden einer Kündigungsschutzklage. Wo hier im Alltag Grenzen zu ziehen sind, haben zwei neue Urteile vor Arbeitsgerichten klar gemacht, die Ich Ihnen hier an Herz lege.
Drohen mit Krankheit ist nicht immer Arbeitsverweigerung
Im ersten Fall geht es um eine vermutete Arbeitsverweigerung durch die Drohung einer Krankschreibung. Grundsätzlich ist das Recht dabei auf Ihrer Seite. Denn Arbeitnehmer dürfen Krankheiten nicht als Druckmittel einsetzen, wenn ihnen Anweisungen nicht passen. Indes: Ist ein Beschäftigter tatsächlich krank, dürfen Sie nicht ohne Weiteres fehlenden Arbeitswillen unterstellen.
Das ist auch die Aussage eines Urteils vor dem Landesarbeitsgericht Köln (Az. 5 Sa 631/13). Eine Mitarbeiterin war wegen eines so genannten Tennisarms arbeitsunfähig gewesen. Nach erneutem Arbeitsantritt sollte sie eine Kollegin in der Registratur vertreten. Ihr Einwand, dass sich dadurch ihre Schmerzen im Arm verschlimmern würden, blieb jedoch unbeachtet.
Nach zwei Vertretungstagen meldete sie sich krank. Prompt wurde ihr wegen Pflichtwidrigkeit fristlos gekündigt. Der Arbeitgeber begründete dies damit, dass sie angedroht habe, sich beim Einsatz in der Registratur arbeitsunfähig schreiben zu lassen.
Dennoch beurteilten die Richter die Lage anders. Denn wenn ein erkrankter Mitarbeiter auf eine Verschlimmerung hinweist, ist das ein Sonderfall. Die Beschäftigte habe sich hier zweifellos unglücklich und ungeschickt, nicht aber pflichtwidrig geäußert. Deshalb wäre hier vor der fristlosen Kündigung eine Abmahnung erforderlich gewesen.
Es gibt eine Bagatellgrenze für Vermögensschäden
Um Abmahnen statt Kündigen ging es auch in einem anderen Verfahren. Der Vorgesetzte einer Mitarbeiterin einer Feinkostabteilung bei Karstadt erwischte diese, als sie in ein Krabbenbrötchen biss. Ihrer Kündigungsschutzklage gegen die fristlose Entlassung gab das Landesarbeitsgericht Hamburg statt (Az. 5 Sa 22/14).
Grundsätzlich gilt zwar, dass Unterschlagungen und ähnliche Verfehlungen Sie als Arbeitgeber normalerweise zur sofortigen Kündigung berechtigen, da das Vertrauensverhältnis zerstört ist. Doch die Richter sehen hier bei Vermögensschäden grundsätzlich auch eine gewisse Bagatellgrenze.
Beträgt die Schadenshöhe lediglich wenige Euro, ist laut Gericht bei erstmaliger Verfehlung zunächst eine Abmahnung zumutbar. Auf diese Weise werde dem Arbeitnehmer sein Fehlverhalten nochmals eindringlich vor Augen geführt.
Ihre Schlussfolgerung daraus: Arbeiten Sie in ähnlichen Fällen erst einmal mit Abmahnungen, da das Risiko, bei Kündigungsschutzklagen zu unterliegen, deutlich zunimmt. Sie müssen sich zwar nicht alles bieten lassen, doch bei einer möglichst objektiven Bewertung Ihrerseits können Sie sich selbst auch eine Menge Ärger ersparen.
Mit besten Grüßen
Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“
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