Wenn der Staat erbt: Gesetzliche Erben können auch später kommen

© Gina Sanders / Fotolia.com

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Liebe Leser,

immer wieder raten wir Ihnen dazu, eventuelle Erbschafts-Angelegenheiten so früh wie möglich zu regeln. Natürlich ist das vielen unangenehm, weil man dabei mit dem eigenen Tod konfrontiert wird und auch bei den Erben je nach Entscheidung Unmut oder sogar Zwist auslösen kann.

Dennoch: Die Praxis zeigt, dass ein eigenes, klar verfasstes Testament immer noch weitaus besser ist, als den eigenen Nachlass einem Gesetz zu überlassen. Immerhin: Auch wenn Sie meinen, auf ein Testament verzichten zu können, können Sie sicher sein, dass sich die entsprechenden Stellen nach Ihrem Tod damit beschäftigen müssen, erst einmal anspruchsberechtigte gesetzliche Erben herauszufinden, ehe – so laut Gesetz möglich – der Staat als Erbe eintritt.

 

Was passiert, wenn Erben erst sehr spät auftauchen?

Wobei ein aktueller Fall zeigt, dass es dabei eher unerheblich ist, wie lange es dauert, bis ein tatsächlicher Erbe gefunden wird. Denn das Gesetz sieht hier keine Verjährungsfrist oder ähnliches vor. In dem Prozess vor dem Bundesgerichtshof ging es um eine Erbschaft, für die laut Nachlassgericht zunächst keine Erben ermittelt werden konnten.

Entsprechend den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (nachzulesen im § 1936 BGB) wurde zunächst der Staat Nutznießer des Erbes. In diesem Fall erbte also das zuständige Bundesland das Geldvermögen der Erblasserin.

Erst nach fast 20 Jahren meldeten sich die unauffindbar geglaubten Erben und machten entsprechende Forderungen geltend. Sie verklagten das Bundesland, ihnen 57.000 Euro sowie Erstattungszinsen von 4% jährlich zu zahlen.

 

Staat muss geerbtes Geld plus Zinsen wieder herausgeben

Der letztendlich angerufene Bundesgerichtshof gab dieser Klage statt (Az. IV ZR 438/14). Dabei bezogen sich die Richter in ihrem Urteilsspruch auf den § 818 BGB. Danach umfasst die Verpflichtung zur Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung auch Zinsen. Das gelte, so die Richter, auch für den Fiskus, selbst wenn dieser lediglich per Gesetz zum Zwangserben geworden sei. Der Staat als Erbe dürfe gegenüber anderen Erbschaftsempfängern nicht privilegiert werden.

Daraus ergeben sich einige Schlussfolgerungen für Sie. Wenn Sie darauf verzichten, ein Testament zu machen, muss das Nachlassgericht auf Erbensuche gehen. Gelingen hier keine entsprechenden Erkenntnisse, erbt der Staat zwar von Gesetzes wegen. Doch wenn später doch noch Erben auftauchen, haben diese ihren Erbanspruch nicht verwirkt, auch Jahrzehnte später nicht.

Und sie haben auch das Anrecht auf eine angemessene Verzinsung für die Zeit, in der sie keinen Zugriff auf das Erbe hatten. Allerdings bezieht sich das in der Regel wie gesagt hautsächlich auf Geldvermögen. Sollten Sie andere Vermögenswerte besitzen (Immobilien, Familienschmuck etc.) sollten Sie den Rat beherzigen und wenigstens für diese Dinge letzte Verfügungen niederschreiben.

Mit besten Grüßen

Ihr Redaktionsteam „Wirtschaft-Vertraulich“, aus der Redaktion des Deutschen Wirtschaftsbriefs

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