Zweitwohnsitzsteuer: Weite Auslegung des Wohnungsbegriffs

Zweitwohnsitzsteuer: Wer zahlen muss

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Wenn Sie neben Ihrer Hauptwohnung eine weitere Wohnung nutzen, müssen Sie in vielen Städten und Kommunen eine so genannte Zweitwohnsitzsteuer entrichten.

Dabei gibt es zum Teil große Unterschiede, was noch als Wohnung gewertet wird oder nicht. So kann selbst eine Gartenhütte die Verpflichtung zur Zweitwohnsitzsteuer mit sich bringen. Dazu ein aktueller Fall:

 

Weitgefasster Wohnungsbegriff

In der hessischen Stadt Grünberg wird seit 2011 eine Zweitwohnsitzsteuer erhoben. Dazu die entsprechende Passage in der Satzung:

„Eine Zweitwohnung ist jede Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung für seinen persönlichen Lebensbedarf (…) innehat. Eine Wohnung verliert die Eigenschaft einer Zweitwohnung nicht dadurch, dass sie vorübergehend anders genutzt wird.

Da der Wohnungsbegriff hier sehr weit ausgelegt werden kann, wurde die Besitzerin einer Gartenhütte zur Zahlung der Zweitwohnsitzsteuer verpflichtet. Die Hütte selbst verfügt über folgende Ausstattungsmerkmale: eine Grundfläche von 30 bis 40 m², Strom- und Wasseranschluss, Aufenthaltsraum mit Kochnische sowie eine Toilette mit Waschbecken.

 

Ausstattungskomfort ist zur Beurteilung unerheblich

Die Besitzerin klagte gegen die Erhebung der Steuer. Verwiesen wurde darauf, dass es keine Schlafmöglichkeit und kein Bad gäbe. Die Klage wurde vom Verwaltungsgerichts Gießen abgewiesen (Az. 8 K 907/12 GI).

Begründung: Eine Zweitwohnung erfordere keinen besonderen Ausstattungskomfort oder eine komplette Infrastruktur. Die Klägerin hat allerdings noch die Möglichkeit, gegen das Urteil Berufung einzulegen.

 

Großer Spielraum für Kommunen

Dieses Urteil spielt natürlich den Städten und Kommunen in die Hände, die bereits eine Zweitwohnsitzsteuer erheben oder dieses planen. Denn das Gericht sendet ein eindeutiges Signal: Je „schwammiger“ die Kommunen den Wohnungsbegriff auslegen, umso umfangreicher könnte der betroffene Personenkreis der Steuerpflichtigen werden.

Wenn Sie also planen, eine Zweitwohnung zu nutzen, sollten Sie unbedingt in die jeweilige Satzung der Kommune schauen. Sind Sie steuerpflichtig, müssen Sie in den meisten Kommunen 10% der Jahreskaltmiete als Steuer abführen.

Es gibt aber auch Gemeinden mit nur 5% oder gestaffelten Steuerquoten von bis zu 16%. Dabei ist unerheblich, ob Sie die Zweitwohnung nur aus beruflichen Gründen nutzen.

 

Eheleute sind aber gesondert geschützt

Das gilt allerdings nicht für Ehepaare. Sie haben seit 2005 eine Art Steuerprivileg. Denn das Bundesverfassungsgericht erklärte damals die Erhebung einer Zweitwohnsitzsteuer für eine beruflich veranlasste Nebenwohnung von Eheleuten als unzulässig (1 BvR 1232/00 und 1 BvR 2627/03).

Der Leitsatz: „Die Erhebung (…) diskriminiert die Ehe und verstößt gegen Art. 6 Abs. 1 GG.“ Allerdings gilt dies wie gesagt nur bei einer beruflichen Veranlassung. Auf getrennt lebende Eheleute oder bei privaten Gründen trifft das Steuerverbot nicht zu.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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