Große Koalition: Welche Branchen gewinnen, welche verlieren?

Große Koalition: Was sagt die Wirtschaft?

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Haben Sie sich schon überlegt, was das Ergebnis der Bundestagswahl für die einzelnen Branchen in Deutschland bedeutet? Noch wird zwar hinter und vor den Kulissen des Politikbetriebes in Berlin über eine neue Regierungskoalition verhandelt.

Doch die Zeichen mehren sich, dass es die erwartete Große Koalition geben wird. Womit Ihnen auch Argumente geliefert werden, welche Industriezweige zu den Gewinnern und welche zu den Verlierern gehören könnten.

 

Kommt ein Konjunkturprogramm im Infrastruktursektor?

Halten sich die Protagonisten nur halbwegs an ihre Wahlaussagen, gilt: Deutschland könnte besonders im Infrastrukturbereich so etwas wie ein kleines Konjunkturprogramm erleben. Bei der Infrastruktur haben sich in den letzten Jahren die größten Defizite aufgebaut. So beziffern Studien den Investitionsstau bei kommunaler Infrastruktur auf über 100 Mrd. € bis 2015.

Wenn sich die Regierung entschließt, hier tatsächlich wieder mehr zu investieren, könnten viele Firmen davon profitieren. Dies gilt zum einen besonders für Unternehmen, die beim Auf- und Ausbau von Verkehrswegen mitarbeiten.

Das reicht von Baufirmen über Technologiekonzerne, welche die entsprechende technische Infrastruktur liefern bis hin zu den Zulieferern von Baumaterialien oder Baugeräten.

Ob es hier so etwas wie ein Konjunkturprogramm gibt, hängt aber von der politischen Entscheidung ab, sich vom bisherigen Sparzwang im Bundeshaushalt frei zu machen. Mit den Sozialdemokraten in der Regierung dürfte das der Union sicherlich leichter fallen, da sie im Zweifel auf die „Zwänge“ des politischen Kompromisses verweisen könnte.

 

Das könnten die Verlierer einer Großen Koalition sein

Andererseits wird es aber auch Verlierer der neuen politischen Verhältnisse geben. Das trifft vor allem auf die Zeitarbeitsfirmen zu. Bereits im Wahlkampf deutete sich an, dass das Beschäftigungsmodell der Zeitarbeit in den Fokus neuer Regulierungen rücken wird. Erste Überlegungen gehen in die Richtung, dass es zu einer zeitlichen Beschränkung beim Einsatz in einem Unternehmen kommt.

Sollte dies so umgesetzt werden, wird es in vielen Fällen nur Verlierer geben. Dazu gehören die Unternehmen, die ständig neue Mitarbeiter einarbeiten müssen, was die Kosten erhöht.

Aber auch die Beschäftigten werden von den Plänen kaum profitieren. Denn wenn Aufträge dann notgedrungen beendet werden, werden die betroffenen Mitarbeiter wohl eher entlassen als auf die Reservebank geschickt. Und die Zeitarbeitsfirmen selbst werden es schwerer haben, Aufträge an Land zu ziehen.

 

Mindestlohn: Ein Drahtseil-Akt

Problematisch könnte auch das Thema Mindestlohn werden. Egal, wie es die einzelnen Parteien nennen – ob Mindestlohn oder Lohnuntergrenze: Was in manchen Branchen sicherlich richtig und hinsichtlich der Beschäftigung noch relativ unproblematisch sein kann, wird in anderen Branchen zu hefigen Verwerfungen und Personalabbau führen. Letztlich geht es immer um die Produktivität einer Arbeit. Und die kann man nicht über einen Kamm scheren.

Kein Wunder also, dass die Wirtschaft derzeit noch sehr zurückhaltend auf die Aussichten einer Großen Koalition reagiert. Es ist zu befürchten, dass die letztlich programmatisch sehr aufgeweichte Union der SPD in Wirtschaftsfragen zu viele Zugeständnisse macht, ohne die Tragweite abschätzen zu können. Geschieht dies, wird die Börse dies noch einpreisen müssen.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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