Wie weit kann ein Kosten-Voranschlag überschritten werden?
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“Wirtschaft-vertraulich”:
Liebe Leser,
wenn Sie Handwerker mit Arbeiten betrauen, ist es nicht unüblich, vorher einen Kostenvoranschlag zu verlangen. Das gilt besonders dann, wenn größere Arbeiten anstehen. Allerdings sollten Sie sich auch im Klaren darüber sein, dass solch ein Kostenvoranschlag nur eine Art Leitlinie für den anstehenden Auftrag und seine Kosten ist.
Was passiert, wenn die tatsächlichen Kosten den Kostenvoranschlag übersteigen, hat kürzlich ein weiteres Urteil, diesmal vom Oberlandesgericht Saarbrücken aufgezeigt. Bevor wir in die Details gehen, noch einmal der Hinweis:
Nach § 650 Bürgerliches Gesetzbuch sind Voranschläge nicht verbindlich. 10 bis 15% Abweichung sind dabei grundsätzlich zulässig.
Was passiert bei unvorhergesehenen Mehrkosten?
Nun zum Fall: Ein Bauunternehmer hatte auf Kundenwunsch eine Kostenaufstellung für die Errichtung einer Mauer an einem Hang erstellt. Darin veranschlagte er 15.000 Euro. Vor Beginn der Arbeiten rutschte der zu befestigende Hang jedoch weiter ab. Nach Fertigstellung der Mauer stellte der Unternehmer dem Auftraggeber wegen der Mehrarbeiten 28.000 Euro in Rechnung.
Gemäß dem schon genannten Paragraphen aus dem BGB ist ein Überschreiten des Voranschlags Kunden unverzüglich anzuzeigen. Im verhandelten Fall hatte das der Unternehmer nicht getan. Auch zu ausdrücklichen Nachfragen über Mehrkosten durch den Auftraggeber schwieg er.
Prompt zahlte der Kunde nur die veranschlagten 15.000 Euro. Allerdings bekam der Bauunternehmer vor dem OLG Saarbrücken Recht, als er auf Zahlung des Gesamtbetrages klagte (Az. 2 U 172/13). Die Richter begründeten ihre Entscheidung wie folgt:
Wenn Verteuerung „offensichtlich“, sind Sie als Auftraggeber der Dumme
Es ist der volle Betrag zu zahlen. Eine zu Schadenersatz führende Pflichtverletzung liege nicht vor. Wenn wie hier – durch den abgerutschten Hang – eine Verteuerung offensichtlich ist, brauche der Unternehmer keine Anzeige zu machen. Und weiter:
Zudem sei der Grundstückseigentümer auf die Sanierung des Hanges zwingend angewiesen gewesen. Eine vergleichbare Werkleistung hätte auch ein anderes Unternehmen nicht preisgünstiger erbracht.
Lassen Sie sich bei Kosten-Auskünften nicht abwimmeln
Unser Rat: Auch wenn Sie sich als fachlicher Laie bei entsprechenden Bau- oder anderen Handwerksaufträgen sehen, so sollten Sie einerseits immer wieder nachfragen, ob die Kosten im Rahmen des Voranschlages bleiben, auch wenn das u. U. nicht gerichtsrelevant ist. Andererseits sollten Sie bei sichtbaren Verteuerungen einen Stopp aussprechen, um die Kostenfrage von vornherein zu klären.
Und noch ein Tipp: Viele Handwerker sind dazu übergegangen, für die Erstellung eines Kostenvoranschlages Geld zu verlangen. Gesetzlich ist das nicht geregelt, sondern muss individuell zwischen Auftraggeber und potenziellem Auftragnehmer ausgehandelt werden. Sie sollten jedenfalls in solch einer Situation mindestens darauf drängen, dass die Kosten für solchen Voranschlag mit der späteren Auftragssumme verrechnet werden.
Mit besten Grüßen
Ihr Redaktionsteam „Wirtschaft-Vertraulich“, aus der Redaktion des Deutschen Wirtschaftsbriefs
Bildnachweis: Gevestor
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