Zypern: Ein Tabu-Bruch mit Folgen

Zypern-Rettung führt zum Tabu-Bruch

Wie schafft man es, aus einem relativ überschaubaren Problem eine waschechte Vertrauenskrise zu zimmern? Leider keine theoretische Frage, wie man derzeit am Beispiel Zyperns verfolgen kann.

Die Situation: Zypern ist ohne Frage ein Risiko. Das Land verfügt über keinen soliden gesamtwirtschaftlichen Mix, sondern hat seit vielen Jahren vor allem den Bankensektor aufgebläht. Die Folgen sind jetzt sichtbar. Gemessen am BIP ist die Bilanzsumme der zypriotischen Banken mehr als 7-mal so hoch. In Deutschland beträgt die Bilanzsumme des Banksektors rund das 3-fache des BIP.

Viel von diesem Wachstum erkaufte sich Zypern mit hohen Zinsen auf Anlagen. Entsprechend zog man auch massiv Kapital aus dem Ausland an, wobei vor allem Russen und Griechen federführend waren. Doch mit der Euro-Krise brach dieses Kartenhaus nun zusammen. Zumal der wichtigste Partner, Griechenland, selbst an den Finanz-Tropf der EU musste.

 

Ein überschaubares Problem?

Dennoch: Schaut man sich die Größenordnungen an, mit denen Zyperns Banken „gerettet“ werden müssten, wird klar, dass die Aufgabe mehr als überschaubar wäre. So geht es bei Zypern um 10 Mrd. Euro, die vor allem vom Rettungsschirm ESM kommen sollen.

Zum Vergleich: Für Griechenland haben die Europäer in zwei Rettungspaketen insgesamt 274 Mrd. Euro lockergemacht. 100 Mrd. Euro wurden an Spanien für die Rettung des dortigen Bankensektors überwiesen und Portugal brachte es auf 78 Mrd. Euro.

Aber die Politik wollte unbedingt ein Signal setzen. Und ließ sich in einer der üblichen Nachtsitzungen einen Plan einfallen, der die bisherige Beruhigung in der Euro-Krise komplett über den Haufen zu werfen droht. Denn :

 

Der Tabu- und Rechtsbruch

Man will nun auch die zypriotischen Sparer an der Bankenrettung beteiligen. Wer diesen Vorschlag nun als erster auf den Tisch brachte, ist dabei nebensächlich. Tatsache ist, dass damit die sprichwörtliche Büchse der Pandora aufgemacht wurde. Mehr noch. Mit den ursprünglichen Plänen rückt man erneut in die Nähe eines kalkulierten Rechtsbruchs.

Denn seit 2011 gilt EU-weit: Spar- und Giroeinlagen bei europäischen Banken in Höhe von bis zu 100.000 Euro sind gesetzlich abgesichert. Nun bemerkten Politiker spitzfindig, dass damit nur der Fall einer Insolvenz gemeint war und nicht das geforderte Modell einer Zwangsabgabe. Aber natürlich weiß jeder , was mit dieser Einlagengarantie gemeint war.

Kaum war der Beschluss in der Welt, ging der Sturm los. Und zeigte den Politikern auf, dass sie vollkommenen Mist gebaut haben. Entsprechend versuchte man zurück zu rudern und sich gegenseitig die Schuld zuzuschieben. Kein Wunder, dass bei solchen nachträglichen Panikattacken die Zyprioten selbst auf die Barrikaden gingen. Mit klarem Ergebnis:

 

Die Suche nach Plan B

Das Parlament hat die Beteiligung der Sparer an dem Rettungspaket (5,8 Mrd. Euro soll Zypern selbst aufbringen) rundherum abgelehnt. Nun suchen alle fieberhaft nach Lösungen. Meine Vermutung: Wahrscheinlich wird teilweise Russland finanziell mit einspringen, zum Teil werden neue kreative Spar-Ideen als Masterplan verkauft, nur um den Deckel auf das Problem zu bekommen. Ob sie tatsächlich funktionieren, wird man erst später sehen. Aber:

Die Idee, dass die Politik auch an das Geld der Bankkunden und Sparer rangehen würde, ist in der Welt und lässt sich nicht mehr einfangen. Die Finanzmärkte verhalten sich zwar ruhig, weil eine Wiederholung dieses Ansinnens in anderen Ländern derzeit nicht auf dem Plan steht. Aber jeder weiß, dass es für die Politik doch keine Tabus gibt. Sie als Sparer und Anleger müssen dies in Ihre zukünftigen Überlegungen mit einrechnen.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller

Redaktion deutscher-wirtschaftsbrief.de

 

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