EZB: Heute ist der Tag der Wahrheit

Wie wird die EZB die Konjunktur in der Euro-Zoine unterstützen?

Wie wird die EZB die Konjunktur in der Euro-Zoine unterstützen?

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Liebe Leser,

selten ist eine Sitzung der Europäischen Zentralbank so mit Spannung erwartet worden wie die heutige. Ich hatte Sie als Leser des „Wirtschaft vertraulich“ schon am Montag darauf vorbereitet, mit welchen Erwartungen der Investoren die Währungshüter heute zusammenkommen werden.

Wobei auch selten wie nie das erwartete Maßnahmenpaket umstritten ist. Insgesamt geht es um 3 Maßnahmen, die von der EZB erwartet werden.

 

Maßnahme 1: Die Senkung des Haupt-Refinanzierungssatzes

Hinter diesem Wortgetüm verbirgt sich der allgemein als Leitzins bezeichnete Zins, den die Banken dafür zahlen müssen, wenn sie sich bei der EZB Zentralbankgeld im Tausch gegen speziell definierte Sicherheiten besorgen. Die Zentralbank kann über diesen Zins steuern, wie hoch die Zinsen für Kredite und Einlagen am Geld- und Kapitalmarkt ausfallen. Wobei mit einem niedrigen Zinssatz die Kreditvergabe an die Wirtschaft und damit die Wirtschaftsentwicklung gefördert werden sollen.

Allerdings glauben viele Experten nicht mehr, dass die erwartete Senkung des Leitzinses von derzeit 0,25% auf wahrscheinliche 0,1% einen wirklich effektiven Einfluss auf das Zinsumfeld im normalen Geschäftsverkehr hat. Dennoch wünscht sich der Markt diesen Schritt als Signal, dass die EZB wirklich alle Maßnahmen zur Konjunkturförderung ergreift.

 

Maßnahme 2: Ein negativer Einlagensatz

Dies ist besonders umstritten. Denn wenn die EZB von den Banken sogar einen Strafzins für deren Einlagen bei der Zentralbank fordert, könnten sich die Banken diesen Strafzins bei den eigenen Kunden zurückholen. Und das wäre dann kontraproduktiv beim Versuch, eben durch niedrige Zinsen die Kreditvergabe zu stimulieren. Hinzu kommt:

Vor allem bei Sparern und Käufern von Finanzprodukten wie Versicherungen könnte ein negativer Einlagenzins gleich zu einer doppelten Belastung führen. Einerseits eben durch den niedrigeren Leitzins, andererseits durch eine faktische Umlage, mit denen sich die Banken ihre Zins-Verluste wieder  bei den Verbrauchern zurückholen.

 

Maßnahme 3: Ein nächster LTRO

Hinter dieser Abkürzung verbirgt sich ein so genanntes langfristiges Refinanzierungsgeschäft (long-term refinancing operation), auch Langfrist-Tender genannt. Während beim normalen Haupt-Refinanzierungsgeschäft zwischen Zentralbank und Geschäftsbanken meist Laufzeiten von 3 Monaten vereinbart werden, gehen die Langfrist-Tender und damit die zusätzliche Bereitstellung von Liquidität für die Banken bislang bis zu 3 Jahren.

Der letzte LTRO liegt nun schon eine Weile zurück, eine Neuauflage könnte vor allem mit der Forderung verbunden werden, das Geld ins Kreditgeschäft zu stecken. Aber wie ich Ihnen schon am Montag schrieb: „Kaum vorstellbar, dass die Banken vor (…) wichtigen Leistungstests plötzlich das Kreditgeschäft ankurbeln, das grundsätzlich höhere Risiken mit sich bringt.“

Die EZB muss also dem Markt, und letztlich Ihnen als Investor erklären, wie diese ganzen Maßnahmen wirken sollen. Für Ihre persönliche Disposition bedeutet dies: Sie können als erstes mit einer positiven Marktreaktion rechen. Bleiben Sie aber grundsätzlich zurückhaltend, da erst die nächsten Tage tatsächlich zeigen werden, welchen Stellenwert die EZB-Maßnahmen für den Markt wirklich haben.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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