Hohe Hürden für Verdachtskündigungen

Verdachtskündigung wird erschwert

Verdachtskündigung wird erschwert

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Immer wieder wird in den Medien über Fälle berichtet, in denen Arbeitnehmer wegen anscheinend geringfügigen Verfehlungen fristlos gekündigt wird. Am bekanntesten dürfte der Fall der Pfandbons sein, die eine Supermarkt-Kassiererin gefunden und eingelöst hatte.

Wenn Sie als Arbeitgeber tätig sind, wissen Sie: Grundlage jeder Arbeitsbeziehung kann nur ein Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sein. Zerstört ein Mitarbeiter diese Basis, kann das ein Kündigungsgrund sein.

Für Sie als Arbeitgeber dürfte es da meist zweitrangig sein, ob ein finanzieller Schaden gering oder hoch ausfällt. Vorrangig dürfte der Vertrauensverlust sein. Allerdings hat der Gesetzgeber für solche Kündigungen hohe Hürden aufgestellt.

Voraussetzung für eine solche Kündigung ist, dass Sie als Arbeitgeber den dringenden Verdacht einer Straftat oder einer schweren Pflichtverletzung durch Ihren Mitarbeiter haben. Deshalb nennt man solche Art von Kündigung auch Verdachtskündigung.

 

Arbeitgeber muss objektive Tatsachen für Tatverdacht nachweisen

Um hier die Kündigung überhaupt aussprechen zu können, müssen Sie aber auch objektive Tatsachen nachweisen, die für die vermutete Tat sprechen. Das allein sind schon Anforderungen, die nicht leicht umzusetzen sind. Doch damit nicht genug. Jetzt hat das Bundesarbeitsgericht für Verdachtskündigungen weitere Hürden aufgestellt (Az. 2 AZR 797/11).

Im verhandelten Fall ging es um eine Kassiererin, der wegen des Verdachts auf Untreue und Unterschlagung gekündigt worden war. Die Arbeitnehmerin war bereits 20 Jahre im Betrieb tätig gewesen. Die ausgesprochene Verdachtskündigungen erfolgte fristlos bzw. hilfsweise ordentlich.

Zum Nachweis der Verfehlung der Mitarbeiterin hatte der Arbeitgeber Videoaufnahmen vorgelegt. Aus diesen ging tatsächlich hervor, dass die Frau dreimal Kleingeld eingesteckt hatte. Die grundlegende Videoüberwachung des zutreffenden Kassenbereichs war den Mitarbeitern bekannt.

 

Verdeckte Videoüberwachung als Beweis ausgeschlossen

Nachdem Unregelmäßigkeiten in der Abrechnung auftraten, ließ der Arbeitgeber den Kassenbereich auch durch eine verdeckte, zeitlich begrenzte Videoüberwachung beobachten (in Absprache mit dem Betriebsrat). Im Zuge dieser Überwachung kam das Fehverhalten der Kassiererin in insgesamt 3 Fällen zu Tage.

Dennoch: Das Bundesarbeitsgericht hielt die Überwachungsmaßnahme jedoch für unzulässig. Deshalb blieben die Videoaufzeichnungen unberücksichtigt.

Noch schwerer wiegen allerdings die allgemeinen Betrachtungen der Richter. Denn diese verknüpfen nun bei Verdachtskündigungen ordentliche und außerordentliche, d. h. fristlose Kündigungen.

 

Verknüpfung von ordentlicher mit fristloser Kündigung

In der Praxis bedeutet dies: Die ordentliche Kündigung ist nur dann wirksam, wenn zugleich eine fristlose Kündigung gerechtfertigt wäre. Gleichzeitig wird auch die Zumutbarkeitsschwelle für die Fortsetzung von Arbeitsverhältnissen zu Ihren Lasten als Arbeitgeber erhöht.

Denn die Arbeitsrichter stellen darauf ab, welche Folgen es hätte, wenn sich ein Tatvorwurf als zutreffend erweist. Könnte dem Betroffenen deswegen nur ordentlich gekündigt werden, gilt das Vertrauen nicht als zerstört. Und damit würde letztlich eine fristlose bzw. Verdachtskündigung ausfallen.

Das Ergebnis dieses neuen Urteils: Allein aufgrund eines Verdachts können Sie als Arbeitgeber jetzt kaum noch rechtswirksam kündigen.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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