IHK-Zwangsbeiträge kommen zunehmend unter Druck

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Als Unternehmer dürften Sie das kennen: Im deutschen Gewerberecht kann man zwei Dingen nicht entkommen – der Steuer und der IHK. Sobald Sie gewerblich tätig sind, müssen Sie an die für Sie zuständige Industrie- und Handelskammer Beiträge abführen, in der Regel unabhängig davon, ob Sie mit Ihrem Betrieb Gewinn machen oder nicht.

Viele Unternehmer rennen schon seit Jahren dagegen an, zumal den Zwangsbeiträgen oftmals keine nutzbare Gegenleistung gegenübersteht. Das kann ich auch aus eigener Erfahrung sagen. Bislang hatten aber Unternehmer, die sich gegen die Zwangsbeträge wehren wollten, vor Gericht kein Glück. Das könnte sich nun aber ändern.

Eine durchaus nicht zu unterschätzende Voraussetzung für den Sinneswandel der Gerichte könnte auch sein, dass sich in den vergangenen Jahren einzelne IHK mit Skandalen zur Verschwendung von Beitragsgeldern oder mit Gehalts-Exzessen des Führungspersonals hervortaten.

 

IHK mit milliardenschweren Rücklagen

Während solche Einzelfälle zwar strafrechtlich relevant waren oder sind, ändert das bislang nichts am System IHK. Doch haben die Gegner der Zwangsbeiträge nun einen anderen – und auch erfolgversprechenden – Angriffspunkt entdeckt.

Denn die Kammern sind dank der Zwangsbeiträge steinreich. Laut Bundesverband für freie Kammern sitzen die IHK in Deutschland auf einem Polster von 1,7 Mrd. € an Rücklagen.

Nach dem maßgeblichen „Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern“ können die IHK zur Deckung ihrer Kosten Beträge und Umlagen erheben. Durch entsprechende Regelungen der Kammern sind sie auch berechtigt, Rücklagen zu bilden.

 

Rücklagen ja, unzulässige Vermögensbildung nein

Doch deren Höhe ist umstritten. So hatte ein Unternehmen aus Koblenz gegen die zuständige IHK wegen unzulässiger Vermögensbildung geklagt. Und Recht bekommen (Az. 3 K 121/12.KO).

Die Überschüsse der IHK Koblenz werden auf rund 22 Mio. € geschätzt. Die Richter sahen es in diesem Fall als erwiesen an, dass die Kammer die Beitragseinnahmen nicht komplett zur Kostendeckung eingesetzt hat und dadurch Kammermitglieder (Unternehmen), die dennoch Beiträge zahlen mussten, benachteiligt hat.

Zwar wurde der Kammer zugestanden, Rücklagen zu bilden. Doch die tatsächlich gebildeten Rücklagen sahen die Richter als überzogen und unverhältnismäßig an. Entsprechend wurde der Beitragsbescheid des Klägers aufgehoben.

 

Weitere IHK-Bezirke mit Reform-Erfolgen

Doch nicht nur in Koblenz haben Unternehmer Erfolg. Auch in Hamburg konnte eine Gruppe von Unternehmern bereits Erfolge verzeichnen. Die dortige IHK hatte bislang Rücklagen in Höhe von satten 50 Mio. € gebildet. Nun ist die IHK aufgrund des Drucks der Unternehmer und sicher auch des ergangenen Urteils bereit, eine Teilrückzahlung der Zwangsbeiträge und eine Beitragssenkung für dieses Jahr durchzuführen.

Ich gehe davon aus, dass diese Teilerfolge auch auf andere IHK-Bezirke ausstrahlen könnten. Denn viele IHK agieren nach einem ähnlichen Schema. Am Ende muss aber die grundsätzliche Finanzierung und vor allem die Pflichtmitgliedschaft auf den Prüfstand.

Denn unter dem Strich gilt: Eine unternehmerische Interessenvertretung ist begrüßenswert. Eine Einrichtung, die in vielen Bereichen nur dem eigenen Selbstzweck dient, ist dagegen absolut reformbedürftig.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

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