Mindestlohn: Weitere Urteile, die Sie kennen müssen

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Liebe Leser,

zum nunmehr gültigen gesetzlichen Mindestlohn haben wir Sie in den vergangenen Monaten schon ausführlich informiert und auch auf die Schwachstellen hingewiesen. Wobei die Kritik erneuert werden muss, dass der Gesetzgeber auch bei diesen neuen Vorschriften viele handwerkliche Fehler gemacht hat und Undeutlichkeiten zuließ, die nun die Gerichte klären müssen.

Das galt und gilt im besonderen Maße für die Frage, wie mit Sonder-Gratifikationen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld oder den verschiedenen Lohnzuschlägen verfahren werden muss. Immerhin: Bezogen auf Urlaubsgeld und Nachtarbeitszuschläge gibt es nun eine Gerichtsentscheidung, die Ihnen als Arbeitgeber eine bessere Leitlinie gibt und die sich so wohl allgemein durchsetzen dürfte.

 

Wie ist mit Urlaubsgeld zu verfahren?

Dabei ging es beim verhandelten Fall vor dem Arbeitsgericht Bautzen (Az. 1 Ca 1094/15) um folgendes: Eine Montage-Arbeiterin hatte laut Vertrag ursprünglich einen Stundenlohn von lediglich 7 Euro brutto erhalten. Zusätzlich zu dieser Vergütung zahlte der Betrieb seit 2015 eine „Zulage nach MiLoG (Mindestlohngesetz)“ von 215,65 Euro brutto.

Mit dem Januargehalt rechnete der Arbeitgeber Urlaubsgeld auf den Mindestlohnanspruch der Klägerin an. Den Nachtarbeitszuschlag berechnete er auf Grundlage des vertraglichen Stundenlohns von 7 Euro. Das werteten die Richter aber anders:

Urlaubsgeld werde nicht für die Normalleistung gezahlt, sondern kompensiere urlaubsbedingte Zusatzkosten. Der Nachtzuschlag sei deshalb zusätzlich zum zustehenden Bruttoarbeitsentgelt zu zahlen, also dem Mindestlohn. Daran sollten Sie Ihre Lohnberechnungen ausrichten, da andere Gerichte wohl ähnlich urteilen würden.

Zur Erinnerung. Geklärt ist auch bereits die Frage nach Leistungsboni. Diese dürfen Sie durchaus auf den Mindestlohn anrechnen. Dies hatte das Arbeitsgericht Düsseldorf entschieden (Az. 5 Ca 1675/15).

 

Bei Subunternehmern haften Sie als Bürge für Mindestlohnzahlungen

Wobei wir Sie insgesamt noch einmal darauf hinweisen müssen, dass Sie auch auf die Durchsetzung des Mindestlohngesetzes achten müssen, wenn Sie Subunternehmer etc. einschalten. Denn laut Gesetz sind Sie mit dafür verantwortlich, dass auch deren Mitarbeiter den Mindestlohn gezahlt bekommen.

Wobei Sie in der Rechtsfalle sitzen. Denn wenn der Mindestlohn nicht gezahlt wird, kommt es ausdrücklich nicht darauf an, ob Sie das zu verschulden haben. Als Auftraggeber haften Sie laut Gesetz wie ein Bürge, der auf die so genannte Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Das heißt in der Praxis:

Die fremden Arbeitnehmer haben ein Wahlrecht und können Sie auch unmittelbar in Haftung nehmen. Kleiner Trost: Diese ist bei der Bürgenhaftung für den Mindestlohn allerdings auf das Nettoentgelt beschränkt.

 

So schützen Sie sich vor finanziellen Risiken

Immerhin haben Sie die Möglichkeit, sich nach der eigenen Erfüllung des Mindestlohnanspruchs an den Subunternehmer zu halten. Allerdings dürfte realistisch sein, dass dann da nicht viel zu holen sein wird.

Denn: Die fremden Arbeitnehmer werden ihre Gründe haben, den Mindestlohn von Ihnen anzufordern. Schützen können Sie sich also nur davor, indem Sie hier eine klare Überwachungsfunktion ausüben. Wie das allerdings in der Praxis gehen soll, lässt der Gesetzgeber wieder einmal offen.

Mit besten Grüßen

Ihr Redaktionsteam „Wirtschaft-Vertraulich“, aus der Redaktion des Deutschen Wirtschaftsbriefs

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