Arbeitsverträge: Vorsicht bei Verweis auf Tarifverträge

Was beim Verweis auf Tarifverträge zu beachten ist

Auch, wenn Sie als Arbeitgeber nicht tarifgebunden sind, können Sie auf Tarifverträge in Ihrer Branche Bezug nehmen. Gründe, warum Sie dies tun könnten, gibt es einige. Drei mögliche:

1. Innerhalb Ihrer Branche möchten Sie aus Wettbewerbsgründen ein gleiches Lohn-Niveau anbieten.

2. Sie wollen innerhalb des Unternehmens den Betriebsfrieden wahren. Deshalb möchten Sie keine Unterschiede in der Entlohnung zwischen Gewerkschaftsmitgliedern und nicht gewerkschaftlich gebundenen Mitarbeitern machen.

3. Sie nutzen das Tarif-Vertragswerk als Grundlage, um keine Rechtskosten für die eigene Vertragsgestaltung zu haben.

Doch Vorsicht: Wenn Sie in Ihren Arbeitsverträgen auf Tarifverträge Bezug nehmen, können Änderungen im Tarifsystem auch für Sie bindend sein. Dazu ein aktuelles Beispiel:

 

Verweis auf Tarifverträge bindet den Arbeitgeber

Ein nicht-tarifgebundener Arbeitgeber hatte die Anwendung der Tarifverträge für die Metallindustrie vereinbart. Später beschlossen die Tarifparteien ein neues Entgeltsystem mit einer Einmalzahlung.

Der Unternehmer führte das neue System jedoch nicht ein und verweigerte folglich auch die einmalige Zahlung. Dagegen klagten einige Mitarbeiter auf Zahlung. Der Arbeitgeber unterlag und das urteilende Bundesarbeitsgericht gab den Klagen statt (Aktenzeichen 4 AZR 969/11).

Die Begründung der Richter: Wenn der Arbeitgeber in seinen Arbeitsverträgen auf Tarifverträge hinweist, ist er auch als nicht-gebundener Betrieb zur Einhaltung verpflichtet.

Darüber hinaus: Wird im Arbeitsvertrag nichts anderes festgelegt, gilt die Verpflichtung auch für spätere tarifvertragliche Änderungen. Das sollten Sie bedenken, wenn Sie auf Tarifverträge Bezug nehmen.

 

So vermeiden Sie zukünftige automatische Änderungen in Arbeitsverträgen

Allerdings haben Sie auch Möglichkeiten, auf Tarifverträge hinzuweisen, ohne zukünftige Änderungen mitmachen zu müssen. So können Sie in Arbeitsverträgen auch nur den Inhalt eines ganz bestimmten Tarifvertrages zugrunde legen.

Durch diesen ganz konkreten Bezug wäre nur dieser Tarifvertrag bindend. Zukünftige Änderungen müssten Sie dann nicht mitmachen.

 

Sie können auch nur auf Teile eines Tarifvertrages Bezug nehmen

Eine weitere Möglichkeit: Sie nehmen in den Arbeitsverträgen nur Bezug auf einen ganz bestimmten Komplex tarifvertraglicher Regelungen.

Doch sollten Sie beachten: Wenn Sie hier eine Auswahl treffen, darf diese nicht einseitig zu Ihren Gunsten ausfallen.

 

Vorsicht: Keine einseitigen Nachteile für Arbeitnehmer zulassen

Im Zweifel könnte hier bei vorformulierten Verträgen eine AGB-Inhaltskontrolle nach § 307 Bürgerliches Gesetzbuch erfolgen. Dessen Kernsatz: „Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.“ Dies ließe sich dann auch auf einen entsprechend ausgerichteten Arbeitsvertrag anwenden.

Letztlich gilt: Wenn Sie sich dafür entscheiden, nicht tarifgebunden zu sein, aber dennoch Tarifverträge zu nutzen, gehen Sie ebenfalls eine entsprechende Verpflichtung ein. Nur die guten Aspekte rauspicken, funktioniert nicht.

Insofern ist immer zu hinterfragen, ob eine Orientierung an Tarifverträgen anderer wirklich Vorteile bringt.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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