Außergewöhnliche Belastung: Prozesskosten absetzbar

Wichtiges Urteil zur Absetzbarkeit von Prozesskosten

Wichtiges Urteil zur Absetzbarkeit von Prozesskosten

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Liebe Leser,

wenn Sie besondere finanzielle Ausgaben leisten müssen, die über das übliche Maß der Lebensführung in Ihrer steuerlichen Vergleichsgruppe hinausgehen, dürfte das von Interesse für Sie sein: Denn seit Mitte letzten Jahres hat der Gesetzgeber die Anerkennung von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen, die steuerlich absetzbar sind, neu gestaltet.

Der Kernpunkt dabei: Die geleisteten Aufwendungen müssen für Sie zwangsläufig und notwendig sein. Das bedeutet in der Praxis, dass Sie sich den Ausgaben aus rechtlichen, sittlichen oder tatsächlichen Gründen nicht entziehen können.

 

Prozesskosten nur sehr eingeschränkt absetzbar

Allerdings macht der Gesetzgeber dabei besonders eine Ausnahme bei Kosten zur Führung eines Rechtsstreits. Denn diese gelten nach dem entsprechenden Paragraphen 33 des Einkommen-Steuergesetzes nur als absetzbar, wenn ansonsten der Verlust der Existenzgrundlage und lebensnotwendiger Bedürfnisse droht.

Das Problem: Für Fälle, die schon vor der Modifizierung des Gesetzes auftraten, hat der Gesetzgeber keine Regelungen getroffen. Bislang stellen sich deshalb die meisten Finanzämter auf den Standpunkt, dass Prozesskosten, insbesondere aus Zivilstreitigkeiten, nicht absetzbar wären.

Dem hat nun das Finanzgericht Münster in einem Urteil faktisch widersprochen (Az. 5 K 1023/12 E). Der Fall:

Ein Mann hatte seine geschiedene Frau auf Auseinandersetzung des gemeinsamen Hauses verklagt. Die Frau hatte daraufhin Gegenklage erhoben. Vor dem Oberlandesgericht kam es später zum Vergleich. Das Finanzamt versagt aber die steuerliche Anerkennung der Prozesskosten.

 

Was für eine außergewöhnliche Belastung spricht

Das Finanzgericht urteilte nun, dass die der Frau im Jahr 2010 entstandenen Zivilprozesskosten eine außergewöhnliche Belastung darstellen. Die Begründung, die auch für Ihre eigene Beurteilung ähnlicher Fall-Lagen wichtig wäre:

  • Die Aufwendungen der Frau waren zwangsläufig, denn sie hatte ihr Recht auf Widerklage ausgeübt.
  • Ihre Widerklage war nicht mutwillig, da für das gemeinsame Haus eine Lösung erforderlich war.
  • Die Klägerin hatte sich nicht leichtfertig auf das Berufungsverfahren eingelassen. Hierbei geht es um die Beurteilung von hinreichenden Erfolgsaussichten der Klage. Dass am Ende ein Vergleich geschlossen wurde, belegte diese angenommenen Erfolgsaussichten ausreichend.

 

Nutzen Sie die neue Argumentationshilfe

Da die Finanzverwaltung dennoch bei ihrer abweichenden Meinung zu diesem Thema bleibt, wurde allerdings Revision gegen das Urteil zugelassen. Dennoch ist die Entscheidung des Finanzgerichts ein wichtiger Pluspunkt und eine wichtige Argumentationshilfe, wenn Sie Prozesskosten aus früheren Jahren noch als außergewöhnliche Belastung geltend machen wollen.

Denn das Urteil bietet einen argumentativen Brückenschlag zur Zwangsläufigkeit der Ausgaben an, ohne die neuen gesetzlichen Einschränkungen hinnehmen zu müssen. Sie sollten das bei Ihren Diskussionen mit dem Finanzamt entsprechend nutzen.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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