Achtung Steuerzahler: Sie dürfen jetzt Einblick in Ihre Steuerakte nehmen

Steuerzahler können jetzt in ihre Akte schauen

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“Wirtschaft-vertraulich”:

Eigentlich müssten alle Steuerpflichtigen einen Dankesbrief an das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig-Holstein schreiben.

Denn in Ihrem Interesse als Steuerzahler hat das OVG nun für ein großes Stück mehr Waffengleichheit mit dem Finanzamt gesorgt.

Dabei geht es um Ihr Recht auf Akteneinsicht beim Finanzamt.

 

Für jeden Steuerpflichtigen eine Akte

Die Praxis der Steuerveranlagung ist Bürokratie pur. Über jeden einzelnen Steuerpflichtigen ist in der Finanzverwaltung eine Akte angelegt.

Deren Inhalt entscheidet, wie mit Ihnen als Steuerzahler verfahren wird.

Ein Blick hinter die Kulissen: Seit 2010 sind Sie persönlich mit einer Risikoklasse in Ihrer Akte versehen.

Diese Einstufung hat Einfluss darauf, wie genau Ihre Steuererklärungen geprüft werden.

Außerdem richten sich danach auch die Anzahl von Kontrollen und die jeweiligen Prüfungsschwerpunkte.

Kurzum: Ihre Steuerakte ist auf Finanzamtsseite die wesentliche Grundlage, wie mit Ihnen fiskalisch umgegangen wird.

 

Bisherige Praxis: Einblick nur bei Klagen und Sonderfällen

Kein Wunder, dass die Finanzämter mit den Informationen bislang nicht sehr freigebig umgingen. Der Spielraum, in dem Sie Einsicht in Ihre Akte nehmen konnten, war denkbar knapp bemessen.

Einen Anspruch hatten Sie nur, wenn Sie gegen das Finanzamt klagten.

Darüber hinaus wurde nur Einblick gewährt, wenn Sie ein berechtigtes Interesse nachweisen konnten – beispielsweise bei Erbfällen oder Steuerberaterwechsel.

Diese gängige Praxis hat das OVG Schleswig-Holstein nun im sprichwörtlichen Sinn zu den Akten gelegt.

 

Wegweisendes Urteil

Als Steuerzahler haben Sie grundsätzlich ein Akteneinsichtsrecht.

Allerdings gibt es einen Haken. Denn das Gericht leitete dieses Einsichtsrecht vom Informationsfreiheitsgesetz ab. Das ist jedoch Ländersache und noch nicht in allen Bundesländern Recht.

So gibt es kein Informationsfreiheitsgesetz in folgenden Bundesländern: Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Sachsen.

In allen anderen Bundesländern können Sie nun gerichtsfest die Akteneinsicht beantragen. Mauert das Finanzamt, können Sie sogar klagen.

 

Entscheidung ist rechtskräftig!

Denn das Urteil des OVG Schleswig-Holstein (Az. 4 LB 11/12) ist inzwischen rechtskräftig.

Wie vom Gericht zu hören war, ist man selbst erstaunt, dass die Finanzverwaltung keine Revision gegen das Urteil eingelegt hat.

Die Vermutung liegt nahe: Die Finanzverwaltung will die Entscheidung nicht an die große Glocke hängen.

 

Finanzverwaltung verzichtet auf Revision

Eine Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht hätte gehörig Staub aufgewirbelt. Zumal stark damit zu rechnen gewesen wäre, dass die Revision verworfen wird.

Mit der einklagbaren Akteneinsicht steht Ihnen nun ein wichtiges Instrument zur Verfügung, um ihre eigenen steuerlichen Interessen zu verteidigen.

Doch werden Sie wohl dennoch nicht alles zu sehen bekommen. Denn interne Vermerke zu zukünftigen Außenprüfungen oder Kontrollmitteilungen dürften weiterhin unter Verschluss bleiben.

Dennoch ist das Urteil ein wichtiger Sieg für jeden Steuerzahler, dessen Ergebnis Sie auch nutzen sollten.

Mit besten Grüßen

Carsten Müller
Chefredakteur: „Wirtschaft-vertraulich“ und „www.deutscher-wirtschaftsbrief.de“

Bildnachweis: Gevestor

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